Rz. 156

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Eine GiG liegt vor, wenn ein Unternehmer die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen überträgt oder in eine Gesellschaft einbringt. Voraussetzung dabei ist, dass eine organische Zusammenfassung von Sachen und Rechten übertragen wird, die dem Erwerber die Fortführung des Unternehmens oder des in der Gliederung gesondert geführten Teils ohne großen finanziellen Aufwand ermöglicht (BFH vom 28.11.2002, Az: V R 3/01, BStBl II 2004, 665). Allerdings ist das Kriterium "ohne großen finanziellen Aufwand" (vgl. dazu Abschn. 1.5 Abs. 4 S. 1 UStAE) keine eigenständige Voraussetzung für die Nichtsteuerbarkeit, sondern im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen, aus der sich ergibt, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und der Erwerber dies auch tatsächlich tut (Abschn. 1.5 Abs. 1 S. 2 ff. UStAE; BFH vom 18.09.2008, Az: V R 21/07, BStBl II 2009, 254). Im Übrigen ist es anhand des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, ob die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichend Ganzes bilden und damit die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit weiterhin möglich ist (BFH vom 23.08.2007, Az: V R 14/05, BStBl II 2008, 165 in Fortführung des Urteils vom 28.11.2002; Abschn. 1.5 Abs. 4 S. 1 UStAE). Hierfür reicht eine langfristige Vermietung oder Verpachtung für z. B. acht Jahre aus (BFH vom 23.08.2007, Az: V R 14/05, BStBl II 2008, 165). Ebenfalls ausreichend ist eine Vermietung oder Verpachtung auf unbestimmte Zeit (EuGH vom 10.11.2011, Rs. C-444/10, BFH/NV 2012, 154 und BFH vom 18.01.2012, Az: XI R 27/08, BFH/NV 2012, 677); die Möglichkeit den Miet- oder Pachtvertrag kurzfristig zu kündigen, ist hierbei unschädlich (Abschn. 1.5 Abs. 3 S. 4 UStAE).

 

Rz. 157

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Im Rahmen einer Gesamtwürdigung sind dazu die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen (BFH vom 23.08.2007, Az: V R 14/05, BStBl II 2008, 165). Der Fortsetzung der bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit steht nicht entgegen, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert (BFH vom 23.08.2007, Az: V R 14/05, BStBl II 2008, 165). Die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit schließt jedoch eine Geschäftsveräußerung aus (EuGH vom 27.11.2003, Rs. C-497/01, EuGHE I 2003, 14393). Eine GiG kann auch dann vorliegen, wenn der tatsächliche Betrieb des Unternehmens noch nicht aufgenommen, also noch kein "lebendes" Unternehmen übertragen wurde (BFH vom 08.03.2001, Az: V R 24/98, BStBl II 2003, 430).

 

Rz. 158

Stand: 5. A. – ET: 08/2016

Erhält ein Erwerber Vermögensgegenstände von zwei verschiedenen Unternehmen und ermöglicht erst die Zusammenführung dieser Vermögensgegenstände dem Erwerber eine unternehmerische Tätigkeit, nicht aber die Vermögensgegenstände des einen oder anderen Veräußerers für sich betrachtet, so handelt es sich nicht um die Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit der Veräußerer, eine GiG ist nicht gegeben (BFH vom 04.02.2015, Az: XI R 42/13, BStBl II 2015, 616). In Analogie zu diesem Urteil hat der BFH des Weiteren entschieden, dass die Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen an zwei unterschiedliche Erwerber, auch wenn dies verbundene Unternehmen sind, keine GiG darstellt (BFH vom 04.02.2015, Az: XI R 14/14, BStBl II 2015, 908).

 

Rz. 159

Stand: 5. A. – ET: 08/2016

Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils kann – unabhängig von dessen Höhe – nur dann einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung gleichgestellt werden, wenn der Gesellschaftsanteil Teil einer eigenständigen Einheit ist, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit vom Erwerber fortgeführt wird. Eine bloße Veräußerung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten versetzt den Erwerber nicht in die Lage, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen (EuGH-Urteil vom 30.05.2013, C-651/11, HFR 2013, 754; Abschn. 1.5 Abs. 9 UStAE).

 

Rz. 160

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Übertragung eines an eine Organgesellschaft vermieteten Grundstücks auf den Organträger führt nicht zu einer GiG, da der Organträger umsatzsteuerrechtlich keine Vermietungstätigkeit fortsetzt, sondern das Grundstück im Rahmen seines Unternehmens selbst nutzt (BFH vom 06.05.2010, Az: V R 26/09, BStBl II 2010, 1114).

 

Rz. 161

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Auf der Seite des Veräußerers ist GiG praktisch letzter Akt der unternehmerischen Tätigkeit. Unternehmen und Unternehmereigenschaft erlöschen demnach erst dann, wenn der veräußernde Unternehmer alle mit dem aufgegebenen Betrieb im Zusammenhang stehenden Rechtsbeziehungen abgewickelt hat.

 

TIPP

Bezüglich des Zeitpunkts des Erlöschens des U...

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