Rz. 24

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Aufgrund des neuen § 27b Abs. 1 UStG können nunmehr damit betraute Amtsträger (in der Regel der USt-Sonderprüfer, aber vgl. Rn. 20)

  • ohne vorherige Ankündigung und
  • außerhalb einer Außenprüfung
  • während der Geschäfts- und Arbeitszeit
  • Grundstücke und Räume betreten
  • von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben.

2.5.2.1 Büro- und Geschäftsräume

 

Rz. 25

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Grundsätzlich dürfen bei einer Nachschau nur Geschäftsräume betreten werden. Durch das Betreten müssen für die Besteuerung erhebliche Sachverhalte festgestellt werden. Die Nachschau gewährt jedoch kein Durchsuchungsrecht, wobei das bloße Betreten der Geschäftsräumlichkeiten noch nicht als Durchsuchung zu werten ist. Fotographieren ist zulässig, sofern damit nicht Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse abgelichtet werden (OFD Magdeburg vom 20.02.2012 – S 7420-S-7- St 24).

 

Rz. 26

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die unternehmerischen Räumlichkeiten dürfen nach dem Wortlaut des § 27b Abs. 1 UStG nur während der branchenüblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten werden.

 

TIPP

Der Prüfer bewegt sich nach Ansicht des BMF immer innerhalb der Geschäfts- bzw. Arbeitszeit, wenn der betroffene Unternehmer schon oder noch arbeitet.

 

Rz. 27

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Letzteres wird man akzeptieren können, da gerade die Tätigkeit, der soziale Kontakt nach außen den geringeren Schutz von Büro und Geschäftsräumen gegenüber Wohnräumen rechtfertigt. Indes wird man außerhalb der Büro- und Geschäftszeiten und wenn nicht mehr gearbeitet wird, Büro- und Geschäftsräumen den gleichen Schutz wie Wohnräumen zuzubilligen haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 13 GG unterliegen Wohn- und Geschäftsräume hinsichtlich des Betretens durch einen Amtsträger einem unterschiedlichen Schutz. Bei Wohnräumen greift bereits das reine Betreten, also das körperliche Eindringen, in den Schutzbereich des Art. 13 GG ein, so dass bei Wohnräumen grundsätzlich bereits das Betreten durch einen Amtsträger nur mit richterlicher Anordnung zulässig ist. Eine Ausnahme gibt es nur bei Gefahr im Verzuge. Bei Geschäftsräumen ist hingegen nach der Rechtsprechung der Schutz geringer ausgestaltet, da diese Räume nach außen offen und zum sozialen Kontakt bestimmt sind. Daher ist das reine Betreten von Büro- und Geschäftsräumen auch ohne richterliche Anordnung zulässig (vgl. Dißars, BB 2003, 556).

2.5.2.2 Gemischt genutzte Räume

 

Rz. 28

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Sind Räumlichkeiten gemischt genutzt, d. h. dienen sie sowohl privaten als auch unternehmerischen Zwecken, hängt die Betretungsbefugnis davon ab, ob der Raum durch schlüssiges Verhalten nach außen als Geschäftsraum angesehen werden kann.

 

TIPP

Ein solches schlüssiges Verhalten ist z. B. dann gegeben, wenn die Räumlichkeiten in der Gewerbeanmeldung als betrieblich deklariert wurden.

 

Rz. 29

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Abzustellen ist auf die Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall. Jedenfalls kann nicht blind der Ansicht des BMF gefolgt werden, dass im Zweifel Geschäftsräume vorliegen. Vielmehr wird man wohl die Ansicht zu vertreten haben, dass auf Grund der Bedeutung des Art. 13 GG im Zweifel Wohnräume gegeben sind, die nicht ohne eine richterliche Anordnung gegen den Willen des Betroffenen betreten werden können, es sei denn, es liegt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vor (Dißars, BB 2003, 556).

2.5.2.3 Wohnräume

 

Rz. 30

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Wohnräume dürfen grundsätzlich nicht gegen den Willen des Unternehmers betreten werden. Eine Ausnahme besteht dann, wenn es um die Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht (§ 27b Abs. 1 S. 2 UStG). Zu prüfen ist, ob hierin nicht eine Missachtung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung liegt. Denn die Besichtigung von Räumen, in denen private Unterlagen offen ausgebreitet sind, ist ein schwerer Eingriff in die vom Grundgesetz geschützte Privatsphäre. Zwar kann der Steuerpflichtige den Beamten das Betreten jederzeit verweigern, muss dann aber damit rechnen, dass wenig später die Steuerfahndung eingeschaltet ist und bei ihm erscheint (Eversloh, AO-StB 2003, 67).

Im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung und Weiterentwicklung von Industrie 4.0 wird die Abgrenzung zwischen Wohn- und Geschäftsräumen zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen, da ein Onlinehändler für sein Geschäftsmodell nicht mehr als ein Handy und einen Laptop benötigt, womit klassische Geschäftsräume obsolet werden (FG Köln vom 28.04.2015, Az: 10 K 3803/13, EFG 2015,1655 Rz. 15; BFH vom 06.04.2016; Az. XI R 20/14, Rz. 54).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge