Rz. 126

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Mit dem durch das Steueränderungsgesetz 2015 eingefügten § 2b UStG wurde die Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts von der Bindung an das deutschen Körperschaftssteuerrecht gelöst und weitgehende den Regelungen des Unionsrechtes angepasst (vgl. Kommentierung zu § 2b UStG). Aufgrund der Übergangsregelung des § 27 Abs. 22 UStG wird die Neuregelung ab dem 01.01.2017 wirksam.

Darüber hinaus kann nach § 27 Abs. 22 S. 3 ff. UStG die juristische Person des öffentlichen Rechts dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie die bisherigen Regelungen (§ 2 Abs. 3 UStG) für sämtliche in der Zeit vom 01.01.2017 bis 31.12.2020 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet.

Die Regelungen des § 2 Abs. 3 UStG haben deshalb für die meisten juristischen Personen des öffentlichen Rechts weiterhin bis 2020 Bedeutung.

2.4.1 Begriff

 

Rz. 127

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe sind juristische Personen des öffentlichen Rechts gewerblich oder beruflich, d. h. als Unternehmer, tätig (§ 2 Abs. 3 UStG). Daher gilt es zunächst festzuhalten, was juristische Personen des öffentlichen Rechts sind:

  • Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeinde- und Zweckverbände, z. B. Wasserverband, vgl. BFH vom 20.08.2009, Az: V R 30/06, BStBl II 2010, 863),
  • öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften,
  • Handwerkskammern – auch im Hinblick auf ihre Fortbildungsveranstaltungen (Wendt/Elicker, DStZ 2004, 399),
  • Innungen,
  • Industrie- und Handelskammern,
  • sonstige Gebilde, die aufgrund öffentlichen Rechts eigene Rechtspersönlichkeit besitzen (z. B. Anstalten/Stiftungen des öffentlichen Rechts wie Rundfunk- und Fernsehanstalten) (Abschn. 2.11 Abs. 1 S. 1 und 2 ­UStAE),
  • Kommunale Bürgerhäuser und Gemeinschaftshäuser (OFD Frankfurt vom 25.06.2003, Az: S 7105A – 55 – St I 10, UStB 2004, 12),
  • besondere Tätigkeiten fingieren immer eine unternehmerische Tätigkeit (§ 2 Abs. 3 S. 2 UStG).

2.4.2 Betrieb gewerblicher Art

 

Rz. 128

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Maßgebend dafür, ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, sind die §§ 1 Abs. 1 Nr. 6 und 4 KStG. Demzufolge sind Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben.

 

Rz. 129

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

"Einrichtung" setzt begrifflich nur

  • eine Betätigung der öffentlichen Hand voraus, die
  • unter einem einheitlichen Willen
  • auf ein bestimmtes sachliches Ziel gerichtet ist,
  • dadurch in sich wirtschaftlich zusammenhängt und
  • eine funktionelle Einheit bildet (BFH vom 13.03.1974, Az: I R 7/71, BStBl II 1974, 391).
 

Rz. 130

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Der Begriff "Einrichtung" bietet erheblichen Spielraum für Interpretationen (R 6 KStR). Sie kann sich

  • aus einer besonderen Leistung,
  • aus einem geschlossenen Geschäftskreis,
  • aus der Buchführung oder
  • aus einem ähnlichen, auf eine Einheit hindeutenden Merkmal ergeben.
 

Rz. 131

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Sie setzt nicht voraus, dass die Tätigkeit im Rahmen einer verselbständigten Abteilung ausgeführt wird.

 

Rz. 132

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Auch hier ist keine Gewinnerzielungsabsicht bzw. eine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr erforderlich. Übersteigt der Umsatz gem. § 1 Abs. 1 UStG aus der wirtschaftlichen Tätigkeit den Betrag von 130.000 EUR, ist dies ein Merkmal für die Selbständigkeit der ausgeübten Tätigkeit (R 6 Abs. 4 Abs. 4 KStR). Übersteigt er den Betrag von 30.678 EUR nachhaltig, ist darin ein wichtiger Anhaltspunkt dafür zu sehen, dass die Tätigkeit wirtschaftlich bedeutend ist (R 6 Abs. 5 KStR). Wird ein nachhaltiger Umsatz von 30.678 EUR nicht erreicht, ist nur dann ein Betrieb gewerblicher Art anzunehmen, wenn hierfür besondere Gründe vorgetragen werden (z. B. wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts mit Privaten in Wettbewerb tritt).

 

Rz. 133

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Diese Umsatzgrenzen sind i. R. d. KSt und der USt einheitlich anzuwenden (Abschn. 2.11 Abs. 4 S. 3 ­UStAE). Unentgeltliche Wertabgaben bleiben bei dieser Prüfung unberücksichtigt.

 

TIPP

Zu beachten ist, dass im Rahmen der Betrachtung der Umsatzgrenzen i. S. d. R 6 KStR jeder Betrieb gesondert zu prüfen ist, also alle Unternehmensteile auf dieser Ebene noch nicht zusammen als Einheit gewertet werden. Erst wenn die Entscheidung getroffen ist, dass ein BgA vorliegt, stellen alle BgA und landwirtschaftlichen Betriebe ein (einziges) Unternehmen der juristischen Person des öffentlichen Rechts dar.

 

Rz. 134

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Finanzverwaltung geht – wie dargestellt – von einer Abhängigkeit der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft von körperschaftsteuerlichen Aspekten aus. Sie stellt in R 6 Abs. 5 KStR auf den Jahresumsatz gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus der konkreten Tätigkeit ab. Der BFH hat sich ...

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