Rz. 76

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Unter der finanziellen Eingliederung ist der Besitz der entscheidenden Anteilsmehrheit an der Organgesellschaft zu verstehen, die es dem Organträger ermöglicht, durch Mehrheitsbeschlüsse seinen Willen in der Organgesellschaft durchzusetzen. Entsprechen die Beteiligungsverhältnisse den Stimmrechtsverhältnissen, ist die finanzielle Eingliederung einer juristischen Person gegeben, wenn die Beteiligung mehr als 50 % beträgt, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für die Beschlussfassung in der Organgesellschaft erforderlich ist (BFH vom 01.12.2010, Az: XI R 43/08, BStBl II 2011, 600; Abschn. 2.8 Abs. 5 S. 1 und 2 ­UStAE).

Für Personengesellschaften soll eine finanzielle Eingliederung bei einer 100 %-igen Beherrschung möglich sein.

 

Rz. 77

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Eine finanzielle Eingliederung setzt eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft voraus. Es ist ausreichend, wenn die finanzielle Eingliederung mittelbar über eine unternehmerisch oder nichtunternehmerisch tätige Tochtergesellschaft des Organträgers erfolgt. Eine nichtunternehmerisch tätige Tochtergesellschaft wird dadurch jedoch nicht Bestandteil des Organkreises (Abschn. 2.8 Abs. 5 S. 3–5 ­UStAE).

 

Rz. 78

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Ist eine Kapital- oder Personengesellschaft nicht selbst an der Organgesellschaft beteiligt, reicht es für die finanzielle Eingliederung nicht aus, dass nur ein oder mehrere Gesellschafter auch mit Stimmenmehrheit an der Organgesellschaft beteiligt sind (BFH vom 02.08.1979, Az: V R 111/77, BStBl II 1980, 20, vom 22.04.2010, Az: V R 9/09, BStBl II 2011, 597 und vom 01.12.2010, Az: XI R 43/08, BStBl II 2011, 600). In diesem Fall ist keine der beiden Gesellschaften in das Gefüge des anderen Unternehmens eingeordnet, sondern es handelt sich vielmehr um gleich geordnete Schwestergesellschaften. Diese können also mangels Eingliederung (Unterordnung) in ein anderes Unternehmen nicht zu einer Organschaft führen. Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligung eines Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft ertragsteuerlich zu dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Personengesellschaft gehört. Das Fehlen einer eigenen unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung der Gesellschaft kann nicht durch einen Beherrschungsvertrag und Gewinnabführungsvertrag ersetzt werden (BFH vom 01.12.2010, Az: XI R 43/08, BStBl II 2011, 600; Abschn. 2.8 Abs. 5 S. 6–9 ­UStAE).

 

Rz. 79

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Nach der Entscheidung des EuGH vom 16.07.2015 – Rs. Minerva u. a. C 108/14 und C 109/14 ist (zwar) ein Über-Unterordnungsverhältnis (Mutter-Tochter-Beziehung) grundsätzlich nicht unionsrechtskonform, es sei denn, dass diese Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, um missbräuchliche Praktiken oder Verhaltensweisen zu verhindern.Der V. Senat des BFH hält jedoch am Merkmal der Eingliederung (Unterordnung) im Interesse einer einfachen und rechtssicheren Bestimmung des Steuerschuldners fest (Urteil vom 02.12.2015, Az: V R 25/13). . Einfach und rechtssicher kann über die finanzielle Eingliederung als Voraussetzung für die Organschaft entschieden werden, wenn der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschluss, wie dies bei juristischen Personen der Fall ist (§ 47 Abs. 1 GmbHG, § 133 Abs. 1 AktG), in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann. Da bei Personengesellschaften das Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB und § 161 Abs. 2 HGB) möglich ist, sieht der V. Senat bei Personengesellschaften im Allgemeinen keine hinreichende Grundlage, um die Person des Steuerschuldners einfach und rechtssicher bestimmen zu können. Damit besteht für den nationalen Gesetzgeber eine hinreichende unionsrechtliche Grundlage, die Regelung zur Organschaft im Grundsatz auf die Eingliederung juristischer Personen zu beschränken und nur in Ausnahmefällen auch Personengesellschaften als Organgesellschaft zuzulassen.

 

Rz. 80

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Wirtschaftliche Eingliederung bedeutet, dass die Organgesellschaft nach dem Willen des Unternehmers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem, wirtschaftlich tätig ist (BFH vom 22.06.1967, Az: V R 89/66, BStBl III 1967, 715).

 

Rz. 81

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Voraussetzung für eine wirtschaftliche Eingliederung ist, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft dem unternehmerischen Bereich des Anteileigners zugeordnet werden kann (Abschn. 2.3 Abs. 2 ­UStAE). Sie kann bei entsprechend deutlicher Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung bereits dann vorliegen, wenn zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft auf Grund gegenseitiger Förderung und Ergänzung mehr als nur unerhebliche wirtschaftliche Beziehungen bestehen (BFH vom 29.10.2008, Az: XI R 74/07, BStBl II 2009, 256), insbesondere braucht dann die Organgesellschaft nicht vom Organträger abhängig zu sein (BFH vom 03.04.2003, Az: V R 63/01, BStBl I...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge