Rz. 37

Die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen an Endverbraucher wird seit dem BFH-Urteil vom 31.05.2001 (Az: V R 97/98, BStBl II 2001, 658; vgl. zuletzt Urteil vom 28.06.2017, Az: XI R 12/15, DStR 2017, 1873) als eine einheitliche Leistung beurteilt, die nicht nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist. Auf die Art der Sportanlagen oder die Besonderheiten ihrer Nutzung kommt es nicht mehr an. Die bisherige Aufteilung zwischen steuerfreier Grundstücksüberlassung und steuerpflichtiger Vermietung von Betriebsvorrichtungen (vgl. hierzu kritisch Dziadkowski, UR 2001, 242) wurde aufgegeben. Das BFH-Urteil beruht seinerseits auf der Rechtsprechung des EUGH, wonach die Steuerbefreiungsvorschriften eng auszulegen sind und Dienstleistungen, die mit Sport und Körperertüchtigung zusammenhängen, als Gesamtheit zu würdigen sind (vgl. EuGH 18.01.2001, Rs. C-150/99, Stockholm Lindöpark, UR 2001, 153). In seiner Entscheidung vom 22.01.2015 (Rs. C-55/14, Regis, UR 2015, 347) bestätigte der EuGH diese Rechtsprechung, in dem er die entgeltliche Überlassung eines Fußballstadions an einen Fußballverein, bei der 80 % des Entgelts auf Unterhalt, Reinigung, Wartung und regelgerechte Bereitstellung der Anlage entfielen, als eine komplexe und damit steuerpflichtige Dienstleistung beurteilte.

Die Finanzverwaltung ist der geänderten Rechtsprechung des BFH mit BMF-Schreiben vom 17.04.2003 (Az: IV B 7-S 7100-77/03, BStBl I 2003, 279) sowie in A 4.12.11. Abs. 1 UStAE gefolgt.

Durch Gesetz vom 01.09.2002 (BGBl I 2002, 3441) wurde allerdings eine Übergangsregelung in § 27 Abs. 6 UStG aufgenommen, wonach zunächst bis zum 31.12.2003 an der alten Aufteilung festgehalten werden konnte. Mit Gesetz vom 23.04.2004 (BGBl I 2004, 601) wurde diese Übergangsregelung bis zum 31.12.2004 verlängert.

Beim BFH ist derzeit unter dem Az:  V R 63/17 eine Revision anhängig, bei der es um die Frage geht, ob die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen an einen Verein nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist. Die Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg, Az: 5 K 5122/15, EFG 2018, 587) hatte entschieden, dass die Vermietung einer Sportanlage steuerfrei sein kann, wenn die Grundstücksüberlassung ausnahmsweise die Nutzungsberechtigung überwiegt, dies aber im konkreten Fall aufgrund der fehlenden Langfristigkeit des Mietvertrages abgelehnt. Gerade im Zusammenhang mit der Überlassung von Sportanlagen an Endverbraucher ist zudem zu beachten, dass nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m) MwStSystRL "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigungen stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" steuerfrei sind. Diese Befreiungsvorschrift wird vom EuGH durchaus großzügig gehandhabt (vgl. EuGH vom 21.02.2013, Rs. C-18/12, Mesto Zamberk, UR 2013, 338 im Zusammenhang mit einem städtischen Aquapark und vom 19.12.2013, Rs. C-495/12, Bridport and West Dorset Golf Club, UR 2014, 192 mit Anm. Widmann). Vor dem Hintergrund der unzureichenden nationalen Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben in § 4 Nr. 22 UStG hat der BFH im Urteil vom 03.04.2008 (Az: V R 74/07, UR 2008, 698; vgl. hierzu auch Walkenhorst, UStB 2008, 247) ein unmittelbares Berufen auf die unionsrechtliche Befreiungsvorschrift bereits explizit bejaht. Wenn also die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen an Endverbraucher nicht nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist, kann sich möglicherwiese unmittelbar aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m) MwStSystRL die Steuerfreiheit ergeben, allerdings nur, wenn der Betreiber eine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

 

Rz. 38

Im Fall der Nutzungsüberlassung der Sportanlagen an andere Unternehmer als Betreiber zur Überlassung an Dritte (sog. Zwischenvermietung), ist die Nutzungsüberlassung nach Auffassung der Finanzverwaltung aber weiterhin in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen (vgl. Abschn. 4.12.11 Abs. 2 S. 1 UStAE). Sie beruft sich insofern auf das BFH-Urteil vom 11.03.2009 (Az: XI R 71/07, BStBl II 2010, 209). In diesem Urteil führte der BFH unter Berufung auf das Urteil des BFH vom 17.12.2008 (Az: XI R 23/08, BStBl II 2010, 208) explizit aus, dass die Umsätze in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen sind. Indes lies der BFH diese Frage in seiner Entscheidung vom 17.12.2008 gerade offen; vielmehr deutete er unter Verweis auf sein Urteil vom 24.01.2008 (Az: V R 12/05, BStBl II 2009, 60 – Vermietung von Standflächen auf Wochenmärkten) das Vorliegen einer einheitlichen steuerfreien Vermietungsleistung an. M.E. ist daher fraglich, ob die von der Verwaltung in Abschn. 4.12.11 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 UStAE vorgenommenen Aufteilungen von Grundstücksteilen und Betriebsvorrichtungen zielführend ist. Gerade bei der langfristigen Überlassung von Sportanlagen (vgl. zur Bedeutung dieses Kriteriums das BFH-Urteil vom 17.12.2008, Az: XI R 23/08, BStBl II 2010, 208), sei es an gewerb...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge