17.1 Umsatzsteuerprüfungen

 

Rz. 99

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Durchführung von Umsatzsteuerprüfungen durch die britische Steuerbehörde findet bei im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmen in der Regel am Sitzort des Unternehmens, Betriebsstätte etc. statt bzw. dort, wo das Unternehmen seine relevanten Geschäftsunterlagen aufbewahrt. Nicht im Vereinigten Königreich ansässige Unternehmen, die verpflichtet sind, Umsatzsteuererklärungen zu erstellen, müssen gewährleisten, dass der britischen Finanzbehörde die relevanten Unterlagen zugänglich gemacht werden. Sind keine Steuervertreter im Vereinigten Königreich bestellt, muss das ausländische Unternehmen die Unterlagen der "non-established taxable persons unit (NETP)" des VAT office Aberdeen zukommen lassen. Bei Einschaltung eines steuerlichen Vertreters (tax representative, fiscal agent) finden die Prüfungen der Unterlagen generell am Geschäftssitz dieses Vertreters statt.

 

Rz. 100

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Eine Prüfung wird zunächst telefonisch angekündigt und eventuelle Terminierungsschwierigkeiten werden im Vorfeld abgeklärt. Dies wird nochmals, unter Nennung des Zeitpunkts der Prüfung, Ort der Prüfung, des zu prüfenden Zeitraums, der erforderlichen Unterlagen und des voraussichtlichen Prüfers schriftlich bestätigt. Bei den erforderlichen Unterlagen handelt es sich in der Regel um

  • Registrierungszertifikat,
  • Inkooperationsurkunde, soweit vorhanden (bei deutschen Unternehmen der Handelsregisterauszug),
  • Originale der Eingangsrechnungen, Kopien der Ausgangsrechnungen,
  • evtl. Kontoauszüge, Inventur-, Produktionslisten, Lieferscheine, Kassenrollen, sonstige relevanten Geschäftsunterlagen etc.,
  • Jahresabschlüsse der zu prüfenden Jahre,
  • Import- und Exportdokumente sowie Informationen zu eventuellen i. g. Geschäften im Zusammenhang mit dem Vereinigten Königreich,
  • Grund für die Registrierung im Vereinigten Königreich,
  • Umsatzsteueraufstellungen, -dokumentationen, -konten.
 

Rz. 101

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Die britische Steuerbehörde ist diesbezüglich auch berechtigt, Zugang zu den entsprechenden Computersystemen zu erlangen, um relevante Daten einzusehen.

 

Rz. 102

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Wird ein Fehlverhalten bzgl. der Einhaltung der umsatzsteuerlichen Pflichten seitens des Steuerpflichtigen festgestellt und ist dies auf eine falsche, schriftlich erteilte Auskunft eines Bediensteten der britischen Steuerbehörde zurückzuführen, kann sich der Steuerpflichtige auf diese berufen.

 

Rz. 103

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Wurden Fehler bzgl. der Umsatzsteuer festgestellt oder sind Sachverhaltserläuterungen nötig, die im Rahmen der Umsatzsteuerprüfung vor Ort nicht zu klären sind, kann der Prüfer zunächst einen sog. "letter of request" zusenden, der schnellstmöglich zu beantworten ist. Ggf. kann auch sofort ein Bescheid (assessment) bzgl. der nachgeforderten Umsatzsteuer erlassen werden.

17.2 Einspruchs- und Rechtsbehelfsverfahren

 

Rz. 104

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Bzgl. eines solchen Bescheids kann beim zuständigen Finanzamt eine Nachprüfung der Entscheidung (reconsideration) verlangt werden. Dies muss innerhalb von 30 Tagen nach Erlass des Bescheids erfolgen. Die Nachprüfung wird von einem anderen Bediensteten der Steuerbehörde als dem Durchführenden der Prüfung vorgenommen, um eine gewisse Entscheidungsneutralität der Behörde zu gewährleisten. Bei abschlägiger Nachprüfungsentscheidung kann innerhalb von 21 Tagen bei einem unabhängigen Gericht für Umsatzsteuerangelegenheiten (VAT Tribunal) Klage eingereicht werden. Diese Fristen können auf Antrag auch verlängert werden. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, sich innerhalb von 30 Tagen nach Erlass des Bescheids direkt an ein solches Gericht zu wenden ohne das zuständige Finanzamt um eine vorherige Nachprüfung der Entscheidung zu ersuchen. Die Bitte um Nachprüfung einer Entscheidung bzgl. des Bescheids und die Klageeinreichung bei Gericht kann auch parallel vorgenommen werden. Zur Klageeinreichung muss zunächst ein bestimmtes Formblatt an das Gericht gesandt werden (Formular Trib 1, "Notice of appeal"), in dem Einzelheiten zum relevanten Sachverhalt, erlassenen abschlägigen Bescheiden etc. genannt werden müssen. Das Gericht erhebt in der Regel keine Gerichtsgebühren.

 

Rz. 105

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Weitere mögliche Instanzen bei einer abschlägigen Entscheidung des "VAT Tribunal" sind der "High Court", "Court of Appeal", "House of Lords" und ggf. der Europäische Gerichtshof.

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