OFD Stuttgart, 9.12.2002, S 7410

 

1. Zuwendungen zur Stilllegung oder Einschränkung der Milcherzeugung

Der EuGH hat (mit Urteil vom 29.2.1996, Rs C-215/94) entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung – entschieden, dass Landwirte mit der „freiwilligen” Aufgabe der Milcherzeugung nach dem Milchaufgabevergütungsgesetz (BGBl 1984 I S. 942) bzw. der EG-Milchaufgabevergütungsverordnung (BGBl 1991 I S. 1771) keine steuerbaren Unterlassensleistungen erbringen. Daher kann in allen nicht bestandskräftigen Fällen von echten, nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Zuschüssen ausgegangen werden.

Die Entschädigungen wegen „erzwungener” Stilllegung oder Aussetzung von Milch-Referenzmengen (§§ 4a und 4b Milchgarantiemengen-Verordnung) unterliegen als echter Schadensersatz ebenfalls nicht der Umsatzsteuer.

 

2. Programme des Bundes und der Länder zur Stilllegung oder Extensivierung von Ackerflächen

Nach dem BFH-Urteil vom 30.1.1997, V R 133/93 (BStBl 1997 II S. 335) handelt es sich bei den Vergütungen für die Brachlegung von Ackerflächen (DDR-Fördergesetz vom 6.7.1990) um echte, nicht der Umsatzsteuer unterliegende Zuschüsse. Die Urteilsgrundsätze sind auch auf die Beihilfen für die Stilllegung von Ackerflächen anzuwenden (z.B. Flächenstilllegungsgesetz vom 22.7.1991, BGBl 1991 I S. 1582).

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung sog. Extensivierungsprämien hat der EuGH (Urteil vom 18.12.1997, Rs C-384/95) entschieden, dass die von einem Landwirt eingegangene Verpflichtung, mindestens 20% der angebauten Kartoffeln nicht zu ernten, keine Dienstleistung im Sinne der 6. EG-Richtlinie ist.

 

3. Ankauf von Schlachtrindern als Stützungsmaßnahme für den Rindfleischmarkt

Die den Landwirten bei Verkäufen von Schlachtrindern zur Vernichtung zufließenden Zahlungen nach Art. 3 der Verordnung-(EG) Nr. 2777/2000 über außerordentliche Stützungsmaßnahmen für den Rindfleischmarkt unterliegen in entsprechender Anwendung des EuGH-Urteils vom 29.2.1996, Rs C-215/94 nicht der Umsatzsteuer.

Wird das Rindfleisch eingelagert, sind die Zahlungen als Entgelt zu behandeln.

 

5. Prämien im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation für Rohtabak

Die im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation für Rohtabak zusätzlich zum Kaufpreis gewährte Prämie gehört beim Erzeuger zum Entgelt für die Lieferung des Rohtabaks, unabhängig davon, ob die Prämie einen festen und einen veränderlichen Teilbetrag sowie eine Sonderbeihilfe umfasst oder sich der Zahlungsweg im Vergleich zur VO Nr. 2075/92/EWG vom 30.6.1992 (ABI EG Nr. L 215/1992 S. 70) geändert hat.

 

6. Beihilfen für die freiwillige Destillation von Wein an Weinerzeuger oder Brennereien

Nach Art. 29 der Verordnung (EG) 1493/1999 des Rates vom 17.5.1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein zahlt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Frankfurt (BLE) auf Antrag primäre und sekundäre Beihilfen für die Destillation von Wein an Weinerzeuger oder Brennereien (ABI, EG Nr. L 179 vom 14.7.1999 S. 1; Durchführungsbestimmungen ABI EG Nr. L 194 vom 31.7.2000 S. 45). Die primäre Beihilfe wird gezahlt an Weinerzeuger, die Wein durch Lohnbrennvertrag von einem Brenner destillieren lassen oder an Brennereien, die von Erzeugern Wein zum Zwecke der Destillation erwerben. In den Erwerbsfällen erhalten Brennereien eine zusätzliche sekundäre (Lagerkosten-)Beihilfe, wenn der gewonnene Weinalkohol gelagert wird.

Bei den Zahlungen der BLE handelt es sich um nicht steuerbare, echte Zuschüsse. Die Beihilfen werden aus weinmarktpolitischen Gründen (Destillation von Weinüberschüssen) gewährt.

 

7. Ausgleichsbeträge nach § 58a BranntwMonG an landwirtschaftliche und gewerbliche Brennereien

Die Bundesmonopolverwaltung zahlt Ausgleichsbeträge nach § 58a BranntwMonG an landwirtschaftliche Brennereien, die freiwillig aus dem Branntweinmonopol ausscheiden. Gleiches gilt für gewerbliche Brennereien, die auf Antrag vor dem Betriebsjahr 2005/2006 vorzeitig aus dem Branntweinmonopol entlassen werden.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen der Angelegenheit durch die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind die Ausgleichsbeträge an freiwillig oder vorzeitig ausscheidende Brennereien als Entgelt anzusehen. Die Grundsätze des EuGH-Urteils vom 29.2.1996, Rs C-215/94 sind nicht anzuwenden, weil hier die Bundesmonopolverwaltung Beteiligter eines Leistungsaustausches ist.

 

Normenkette

UStG § 24

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