OFD München, 22.8.2001, S 7103b - 5 St 435

Der Inhalt dieser Verfügung richtet sich hinsichtlich des i.g. Erwerbs eines Neufahrzeugs in erster Linie an die USt – VA – Stellen (UFE) und hinsichtlich der i.g. Lieferung eines Neufahrzeugs in erster Linie an die Außenprüfungsdienste.

Nach § 1a Abs. 1i.V.m. § 1b UStG liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb eines neuen Fahrzeugs u.a. dann vor, wenn das Fahrzeug bei der Lieferung an den Abnehmer aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt.

In der Vergangenheit kam es insbesondere in Fällen des Wohnortwechsels des Erwerbers öfter zu Problemen bei der Entscheidung, welchem Mitgliedstaat das Besteuerungsrecht für den Fahrzeugumsatz zustand.

Beispiel 1:

Ein deutscher Staatsangehöriger hatte im Inland ein fabrikneues Fahrzeug umsatzsteuerpflichtig erworben und zugelassen. Das Fahrzeug wurde vier Monate nach seiner ersten Inbetriebnahme im Rahmen der Verlegung des Wohnsitzes nach Frankreich verbracht.

Die französische Steuerverwaltung hat diesen Vorgang als innergemeinschaftlichen Erwerb eines neuen Fahrzeugs behandelt und Umsatzsteuer erhoben. Der Fahrzeugerwerber wurde von der französischen Steuerverwaltung darauf hingewiesen, dass er aufgrund der in Frankreich durchgeführten Erwerbsbesteuerung berechtigt sei, die deutsche Umsatzsteuer zurückzufordern.

Beispiel 2:

Ein in Dänemark aus beruflichen Gründen wohnhafter deutscher Privatmann (P) erwarb kurz vor seiner Rückversetzung in das Inland bei einem dänischen Kfz-Händler umsatzsteuerfrei ein Neufahrzeug. Um eine doppelte Anmeldung zu umgehen, wurde der PKW in Dänemark nicht zugelassen, sondern im Rahmen des Umzugs mit rotem Nummernschild nach Deutschland überführt.

Das zuständige deutsche Finanzamt hat Erwerbssteuer festgesetzt. P war der Meinung, die Tatbestandsmerkmale des innergemeinschaftlichen Erwerbs eines neuen Fahrzeugs (§ 1a Abs. 1 Nr. 1i.V.m. § 1b UStG) seien nicht erfüllt, da das Fahrzeug erst einige Zeit nach der eigentlichen Lieferung in das Inland gelangt ist.

Der EU-Mehrwertsteuerausschuss hat daraufhin die Angelegenheit mit folgendem Ergebnis erörtert:

  1. Das Verbringen eines neuen Fahrzeugs im Sinne des § 1b Abs. 2 UStG von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen EU-Mitgliedstaat ist nicht als steuerbarer Umsatz anzusehen, wenn es im Zusammenhang mit einem Wohnortwechsel einer Privatperson erfolgt. Auch die Rücküberführung eines Fahrzeugs, das ursprünglich umsatzsteuerfrei innergemeinschaftlich geliefert worden ist, ist kein steuerbarer Vorgang.
  2. Nur die ursprüngliche Lieferung des Fahrzeugs ist daraufhin zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit im Ursprungsland vorliegen.

Für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „bei der Lieferung” kann eine normale Zulassung des betreffenden Fahrzeugs im Ursprungsland als Anhaltspunkt ausreichen. Es kann dann angenommen werden, dass die Veräußerung dort umsatzsteuerpflichtig war.

Demgegenüber kann die Zulassung unter einem Transitkennzeichen (z.B. Grenzkennzeichen, Ausfuhrkennzeichen, Überführungskennzeichen (sog. „rotes Nummernschild”)) darauf hindeuten, dass die Absicht der Überführung des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages schon feststand und es sich deshalb um eine im Ursprungsland steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs gehandelt hat. Das Tatbestandsmerkmal „bei der Lieferung” wäre in diesen Fällen auch dann erfüllt, wenn das Fahrzeug nicht unmittelbar nach dem Erwerb vom Abnehmer in das Bestimmungsland befördert wird, sondern noch im Ursprungsland verbleibt und dort genutzt wird.

Nach diesen Grundsätzen liegt das Besteuerungsrecht in beiden o.a. Beispielsfällen bei der Bundesrepublik Deutschland (im Beispiel 1 als steuerpflichtiger innerdeutscher Umsatz, im Beispiel 2 als steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb).

Liegen dem FA Hinweise über den innergemeinschaftlichen Erwerb eines neuen Fahrzeugs vor (Mitteilung für Umsatzsteuerzwecke von der Kfz-Zulassungsstelle oder Spontanauskunft aus einem anderen EU-Mitgliedstaat), ist der Erwerber zunächst zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für die Fahrzeugeinzelbesteuerung aufzufordern.

Bestreitet dieser, dass in der Bundesrepublik Deutschland der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs erfüllt ist, trägt dieser die Beweislast.

Das bloße Vorlegen der Rechnung über den Kauf des Fahrzeugs, in der die Umsatzsteuer des Ursprungslands ausgewiesen worden ist, ist zwar ein Indiz, dass in der Bundesrepublik keine Erwerbsbesteuerung durchzuführen ist. Von der Versteuerung ist aber erst dann abzusehen, wenn der Erwerber in geeigneter Weise nachweist, dass er das Fahrzeug im Ursprungsland normal zugelassen hat.

Ergibt die Überprüfung des Sachverhaltes Anlass zur Vermutung, dass der Vorgang im anderen EU-Mitgliedstaat unrichtig behandelt worden ist, so ist dieser Mitgliedstaat im Wege einer Spontanauskunft unter Beifügung der Rechnung und eventuell geführtem Schriftverkehr hierüber zu informieren.

Zu den Einzelheiten ...

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