rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen unternehmerischer und nichtselbständiger Tätigkeit bei Auslieferungsfahrern

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit als unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG selbstständig ausgeübt wird, richtet sich danach, ob die beauftragte Person nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in das Unternehmen so eingegliedert ist, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet ist. Dabei kommt es nicht auf die sozial- oder arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit an.

2. Die Erledigung von Fahraufträgen durch Auslieferungsfahrer kann regelmäßig nur dann als unternehmerische Tätigkeit angesehen werden, wenn die wesentliche Leistung des Auftragnehmers nicht allein in der Verwertung seiner Arbeitskraft, sondern in der selbstständigen Erledigung von Fahraufträgen mit nicht vom Auftraggeber unentgeltlich zur Verfügung gestellten Fahrzeugen besteht.

3. Mit Subunternehmervertrag beauftragte Auslieferungsfahrer, denen die Auslieferungsrouten vorgegeben sind, die über kein wesentliches Anlagevermögen verfügen, weil die Fahrzeuge und Werkzeuge gestellt werden und denen eine Mindestauftragsmenge garantiert wird, sind nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht als umsatzsteuerpflichtige selbstständige Unternehmer anzusehen, selbst wenn im Krankheits- und Urlaubsfall kein Lohnfortzahlungsanspruch besteht und die Gefahr der Verschlechterung oder des Untergangs der transportierten Gegenstände bei deren Übernahme auf den Auftragnehmer übergeht.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1993, 1994

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte (das Finanzamt -FA-) der Klägerin zu Recht die Anerkennung von Vorsteuern mit der Begründung versagt hat, die Rechnungsaussteller seien keine selbständigen Unternehmer, sondern Arbeitnehmer der Klägerin.

Die Klägerin ist eine im Bereich Spedition, Möbelhandel und -auslieferung tätige GmbH.

Mit ihrer beim FA am 15.7.1994 eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 1993 erklärte sie steuerpflichtige Umsätze zu 15 % in Höhe von xxx.xxx,-- DM und Vorsteuern von xx.xxx,xx DM. Das FA stimmte der zu einer Steuerfestsetzung von xx.xxx,xx DM führenden Erklärung zunächst zu.

Mit ihrer beim FA am 3.3.1995 eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 1994 erklärte die Klägerin steuerpflichtige Umsätze zu 15 % in Höhe von xxx.xxx,-- DM und Vorsteuern von xx.xxx,xx DM. Das FA stimmte auch dieser zu einer Steuerfestsetzung von xx.xxx,xx DM führenden Erklärung zunächst zu.

Nach Durchführung einer auch die Streitjahre betreffenden Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass für das Streitjahr 1993 Vorsteuern in Höhe von 4.353,31 DM und für das Streitjahr 1994 Vorsteuern von 21.809,99 DM nicht anzuerkennen seien.

Das FA schloss sich dem an und erließ am 15.8.1996 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten, dem Streitverfahren zugrunde liegenden Umsatzsteuerbescheid für 1993, mit dem es die Umsatzsteuer 1993 um 4.041,10 DM auf xx.xxx,-- DM erhöhte. In dem Bescheid kürzte das FA die bisher berücksichtigten Vorsteuern - entsprechend dem Ergebnis der Betriebsprüfung - um 4.353,31 DM, unterwarf jedoch - offensichtlich aufgrund eines Eingabefehlers - nur noch Umsätze in Höhe von xxx.xxx,-- DM dem vollen Umsatzsteuersatz und x.xxx,-- DM dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Dies hatte zur Folge, dass die Umsatzsteuer 1993 trotz Kürzung des Vorsteuer um 4.353,31 DM nur um 4.041,10 DM erhöht wurde.

Für das Streitjahr 1994 erließ das FA am 21.5.1996 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid, mit dem es unter Kürzung der Vorsteuern um 21.809,99 DM die Umsatzsteuer auf xx.xxx,-- DM festsetzte. Von dieser Vorsteuerkürzung entfallen 21.726,29 DM auf die im vorliegenden Verfahren streitigen Fremdleistungen und 83,70 DM auf Rechnungen, die keinen gesonderten Umsatzsteuerausweis enthielten.

Den streitigen Vorsteuerkürzungen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin schloss mit der Fa. W im Jahr 1990 einen Kooperationsvertrag (Bl. 26 ff. der Rechtsbehelfsakte), nach der es ihr oblag, die Auslieferung nebst Montage von Möbeln zu übernehmen. Es wurde vereinbart, dass W Tourenpläne für die Fahrzeuge der Klägerin zusammenstellt und montags bis freitags täglich ab 7.30 Uhr und gegebenenfalls auf Verlangen von W auch samstags zu laden ist. Die Klägerin verpflichtete sich, eventuelle von W erteilte Lieferzusagen einzuhalten und dazu, dass die Auslieferungsfahrer von W zu beschaffende, der Klägerin zu berechnende Bekleidung mit einem Emblem von W tragen.

Die für die Montage erforderlichen Werkzeuge hatte die Klägerin zu beschaffen. Da die Klägerin als Entgelt einen Prozentsatz vom Umsatz der von ihr ausgelieferten Waren erhalten sollte, garantierte ihr W ein durchschnittliches werktägliches Warenvolumen von 15.000,-- DM. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 26 ff. der Rechtsbehelfsakte Bezug genommen.

Die Auslieferung und Montage der Möbel führte die Klägerin zunächst mi...

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