Entscheidungsstichwort (Thema)

Buch- und Belegnachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen. Umsatzsteuer 2000

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der als Voraussetzung der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen erforderliche Buchnachweis und Belegnachweis ist ordnungsgemäß erbracht, wenn erkennbar und schlüssig dokumentiert ist, wer das gelieferte Fahrzeug entgegengenommen hat, und diejenige Person mit ihrer Unterschrift versichert hat, dass das Fahrzeug in ein Land des übrigen Gemeinschaftsgebiets verbracht wird und dort der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Eine ausdrückliche Angabe des Bestimmungsorts ist nicht erforderlich, wenn der Wohnsitz des Abnehmers ausreichende Rückschlüsse zulässt.

2. Der gesetzlich verlangte Buchnachweis und Belegnachweis verletzt nicht den verfassungsmäßigen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

3. Auf den ordnungsgemäßen Buchnachweis und Belegnachweis kann aus Gründen des Vertrauensschutzes verzichtet werden, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf erkennbar unrichtigen Angaben des Abnehmers über die Voraussetzungen der Steuerfreiheit beruht. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn die vom Abnehmer erkennbar nicht wirksam unterschriebene Versicherung nicht den Anforderungen an den Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung genügt.

 

Normenkette

UStG 1999 § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1, 3-4; UStDV 1999 §§ 17a, 17c; EWGRL 388/77 Art. 28c Teil A Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.12.2006; Aktenzeichen V R 52/03)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Steueränderungsbescheides vom 3. September 2002 und der Einspruchsentscheidung wird die Umsatzsteuer 2000 auf ./. 206.424,90 EUR festgesetzt.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Lieferungen von Gebrauchtwagen als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei sind.

Der Kläger betreibt unter der Bezeichnung X-Automobile einen Kfz-Handel mit Gebrauchtwagen. In seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 gab er neben hier nicht streitigen steuerpflichtigen Umsätzen und steuerfreien Ausfuhrlieferungen auch Umsätze aus innergemeinschaftlichen Lieferungen in Höhe von 2.354.641 DM an.

Nach den Feststellungen einer Umsatzsteuersonderprüfung beim Kläger (siehe geänderter Bericht vom 12. August 2002) erfolgten Lieferungen im Umfang von 525.150 DM an die spanische Autohandelsfirma L & L aus M (L & L), die nach Auskunft der spanischen Steuerbehörde als Scheinfirma betrachtet werde. Für sämtliche Verkäufe an diese Firma lägen daher die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht vor.

Unter Bezugnahme auf den Prüfungsbericht vom 12. August 2002 verminderte der Beklagte (das Finanzamt) den Umfang der innergemeinschaftlichen Lieferungen um 525,150 DM auf 1.829.491 DM und erhöhte die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze nach Herausrechnung der Umsatzsteuer um 452.715,51 DM auf 7.667.243,51 DM und setzte mit Steueränderungsbescheid vom 03. September 2002 die Umsatzsteuer auf ./. 184.992,96 EUR (= ./. 361.814 DM) fest.

Den Einspruch dagegen wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 08. Oktober 2002 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung lägen nicht vor, da die spanische L & L als Scheinfirma kein Unternehmer im Sinne von § 6 a Abs. 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sei. Vertrauensschutz nach § 6 a Abs. 4 UStG könne nicht gewährt werden, da die Klägerin den bei innergemeinschaftlichen Lieferungen erforderlichen Buchnachweis nicht vollständig erbracht habe. So habe der jeweilige Beauftragte des Abnehmers im Sinne von § 17 c Abs. 2 Nr. 2 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) aufgrund der vorgelegten Aufzeichnungen nicht identifiziert werden können. Die Inanspruchnahme des Abnehmers gem. § 6 a Abs. 4 UStG sei deshalb nicht möglich. Zudem habe die Klägerin nicht gem. § 17 c Abs. 2 Nr. 9 UStDV den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet bezeichnet. Die vorgelegten Bestätigungen belegten nur, dass das jeweilige Kfz in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht worden sei, nicht aber an welchen Ort. Die Klägerin habe deshalb die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns nicht im erforderlichen Umfang beachtet.

Der Kläger hat dagegen Klage erhoben und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Ansicht des Finanzamts die L & L sei eine Scheinfirma mit der Folge, dass Umsatzsteuerpflicht eintrete, nicht geteilt werde. Zudem habe der Kläger die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns erfüllt und könne Vertrauensschutz beanspruchen. Die letzte Ausgangsrechnung an die L & L sei am 20. Juli 2000 gestel...

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