Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbarkeit und -steuerpflicht der Gestellung eines angestellten Pastors an Kirchengemeinde. Umsatzsteuer 1996 bis 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

Umsätze, die eine milde Stiftung bürgerlichen Rechts, die ihrem satzungsgemäßen Zweck entsprechend Einrichtungen der Alten- und Behindertenpflege sowie ein Krankenhaus betreibt, durch die Gestellung des bei ihr beschäftigten Personals (Pastor, Kantor, Küsterin) an eine als eigenständige Rechtspersönlichkeit anzusehende Kirchengemeinde erzielt, damit Gottesdienste abgehalten werden können, sind bei der Erwartung einer kostendeckenden Gegenleistung steuerbar und steuerpflichtig.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 27 Buchst. a, § 1 Abs. 1 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. k

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.02.2008; Aktenzeichen V R 30/05)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die bis zur mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten tragen die Klägerin zu 45 v.H. und der Beklagte zu 55 v.H., die danach entstandenen Kosten trägt die Klägerin.

Das Urteil ist für die Klägerin wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung eines Betrages in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zahlungen für Personalgestellungen in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.

Die Klägerin ist eine milde Stiftung bürgerlichen Rechts, die ihrem satzungsgemäßen Zweck entsprechend Einrichtungen der Alten- und Behindertenpflege sowie ein Krankenhaus betreibt, und als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt ist. Gleichzeitig befindet sich auf dem Gelände der Klägerin eine Kirchengemeinde, deren Bezirk das Gelände der Klägerin umfasst. Die Kirchengemeinde gehört zum evangelischen Kirchenkreis … und damit zur Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz …. Die Kirchengemeinden, die Kirchenkreise und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz sind nach Art. 6 Abs. 4 der Grundordnung der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz … eigenständige Rechtspersönlichkeiten (Blatt 80 ff. der Gerichtsakte). Darüber hinaus befindet sich auf dem Gelände der Klägerin ein Diakonissen-Mutterhaus.

In der auf dem Gelände der Klägerin befindlichen Kirche halten der Stiftungsvorsteher und ein weiterer Pastor Gottesdienste ab. Daneben sind an der Durchführung der Gottesdienste ein Kantor und eine Küsterin beteiligt. Pastor, Kantor und Küsterin sind bei der Klägerin beschäftigt. Die Personalkosten des Pastors erhielt die Klägerin vom kirchlichen Verwaltungsamt anteilig zu 20 v.H. erstattet. Die Personalkosten des Kantors übernahm die Kirchengemeinde anteilig für 5 Stunden je Woche, die Personalkosten für die nur geringfügig beschäftigte Küsterin erstattete sie vollumfänglich. Wegen der Einzelheiten wird die entsprechende Verträge und Abrechnungen Bezug genommen (Blatt 43 ff. der Gerichtsakte). Die Klägerin behandelte die Zahlungen als nicht steuerbare echte Zuschüsse. Aufgrund eine Außenprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die Zahlungen steuerbare Entgelte darstellten und erließ am 8. April 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1999.

Nach erfolglosen Einspruchsverfahren hat die Klägerin am 17. März 2004 Klage erhoben. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Zahlungen seien nicht steuerbare Zuschüsse, da sie, die Klägerin, selbst Kirchengemeinde sei und im Rahmen von Gottesdiensten seelsorgerische Leistungen erbringe. Gegenüber dem Konsistorium bestehe keine vertragliche Verpflichtung. Die Auffassung des Beklagten könne lediglich dann zutreffend sein, „wenn das Pfarramt oder das kirchliche Verwaltungsamt selbst Kirchengemeinde wären”, für die sie, die Klägerin, entgeltlich tätig geworden wäre. Selbst wenn es sich um steuerbare Leistungen handeln sollte, wären diese nach § 4 Nr. 27 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfrei. Die Vorschrift sei eingeführt worden, um eine gleichmäßige Besteuerung herbeiführen, da derartige Leistungen früher im südlichen Raum der Bundesrepublik auf Grund der Eigenschaft mehrerer geistlicher Genossenschaften sowie Mutterhäuser als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht umsatzsteuerbar gewesen seien, während die gleichen Leistungen der Umsatzsteuer unterworfen worden wären, soweit die Institutionen privatrechtlich organisiert gewesen seien. Berücksichtige man, dass das Diakonissen-Mutterhaus auf Betreiben des DDR-Regimes in die rechtliche Selbstständigkeit habe entlassen werden müssen, begründe die Nichtanwendung der Vorschrift einen Verstoß gegen die Besteuerungsgleichheit. Für den Fall, dass die Steuerbefreiung nur im Rahmen einer abweichenden Steuerfestsetzung nach § 163 Abgabenordnung Berücksichtigung finden könne, berufe sie sich zumindest auf eine unmittelbare Anwendung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. k der 6. EG-Richtlinie. Der Gesetzgeber habe diese Bestimmung durch § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG nicht korrekt umgesetzt. Au...

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