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Für die Einführung eines QM-Systems hat StB Oettinger zusammen mit externen Beratern die Leistungs- sowie die administrativen Prozesse der Kanzlei überprüft, neu durchdacht, optimiert sowie Tätigkeiten auf ein erforderliches Maß reduziert. Damit ließen sich Zeit sparen und Kosten minimieren.

"Nach sechs Monaten harter Arbeit stand das gesamte Konstrukt", erinnert sich Oettinger, die zeitgleich ein Dokumenten-Management-System einführte. Ein Vier-Augen-Prinzip über alle Bereiche ihrer Kanzlei (Mitarbeiter, Kunden, Prozesse, Finanzen) sorgt nun für die nötige Transparenz.

Wolfs Grundsystem baut auf einen für die Kanzlei eigens zugeschnittenen fünfteiligen Ansatz aus den Kernprozessen Fibu, Lohn, Abschluss, Steuererklärung sowie Sekretariat, die nach Bedarf tiefer gegliedert werden. Ist ein Prozess ausreichend genug beschrieben, merkt es das Kanzleiteam spätestens beim wöchentlichen QM-Treffen – dem Kernstück der gelebten Qualitätsoffensive. Zügig arbeiten die Beteiligten in 15 bis 30 Minuten Auffälligkeiten durch, die das Team im Laufe der Woche schriftlich festhält. Was für wichtig erachtet wird, wird im entsprechenden Prozess verankert.

Nachhaltigkeit als hohe Hürde

Durch die Regelmäßigkeit ist das Kanzleiteam bei Qualitätsfragen mittlerweile enorm routiniert. "Ein Qualitätssystem ist nie fertig und weder umfassend abgehakt noch endgültig richtig", kommentiert Wolf eine Schwierigkeit des Qualitätsmanagements.

Der Stichtag für eine QM-Einführung sei vielmehr der Einstieg in das eigentliche qualitätsorientierte Leben. Auch deshalb warnt Cordula Schneider vor überzogenen Erwartungen: "Es ist ein schmaler Grat zwischen Festhalten an Altbewährtem und einer Überbürokratisierung. Den oft gewünschten Zeitgewinn kann ein Qualitätsmanagement-System nicht garantieren", sagt die Delfi-Net-Kanzleiberaterin. "Auf den ersten Blick wird die Agenda sogar länger." Insofern muss es neben der allgemeinen Qualität auch Ziel des QM sein, Zeiten effektiver zu nutzen, beispielsweise indem der Aufwand für Verwaltungs- und Dokumentationstätigkeiten auf ein notwendiges Minimum reduziert wird.

Mitarbeiter sind entscheidender Faktor

Selten gelingt jedoch die Einführung eines Qualitätssystems reibungslos. „In der Einführungsphase tritt die vorher vorhandene Struktur deutlicher zu Tage, dabei können bisher verdeckte Konflikte auftauchen“, sagt Kanzleiberaterin Schneider. Bei der Umsetzung hängt viel davon ab, wie die Mitarbeiter eingebunden werden. Schließlich kennen sie meist die bestehenden Prozesse am besten. Dennoch haben viele Kanzleien mit der QM-Einführung auch Mitarbeiter verloren, die sich an die neue Arbeitsweise nicht gewöhnen konnten oder wollten.

"Gerade wenn ein Chef oft mit Neuerungen kommt, reagieren alteingesessene Mitarbeiter auf ein QM-Projekt besonders kritisch", erklärt StB Evelyn Oettinger. Ihre Einführung von QM erfuhr Widerstand, der letztlich zu schmerzhaften Wechseln beim Personal führte. Zwar war die Zeit des Umbruchs hart, heute ist die Steuerberaterin jedoch überzeugt: "Es war der richtige Schritt, jetzt habe ich die Mitarbeiter, die zu diesem Arbeitsstil passen."

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Schlagworte zum Thema:  Kanzleimanagement, Qualitätsmanagement