Leitsatz

Die Verlustausgleichsbeschränkung von negativen Einkünften aus der Beteiligung an einer Gesellschaft gemäß § 2b EStG 1999 ist in den Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar, in denen den Anlegern auf Grund einer im Werbe- bzw. Verkaufsprospekt ausgewiesenen fiktiven gesellschafterbezogenen Steuerberechnung in Aussicht gestellt worden ist, dass sie bereits im ersten Jahr der Beteiligung auf Grund einer Verlustzuweisung einen Steuervorteil mindestens in Höhe des eingesetzten Kapitals erhalten.

 

Normenkette

§ 2b EStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG

 

Sachverhalt

Die klagende Fondsgesellschaft wurde im Jahr 1999 als GbR gegründet, und zwar nach den Feststellungen des FG im November 1999. Zweck der GbR war der Betrieb einer Windkraftanlage, die noch 1999 errichtet wurde und im selben Jahr mit der Stromeinspeisung begann. Die 48 Gesellschafter wurden von den Initiatoren mit einem Exposé geworben, in dem dargestellt wurde, dass ein fiktiver Anleger mit einer Einlage von 100.000 DM zzgl. 5.000 DM Agio auf der Grundlage eines ESt-Satzes von 50 % noch für das Gründungsjahr eine ESt-Erstattung von 107.570 DM erhalten sollte.

Das FA sah die GbR als Verlustzuweisungsgesellschaft bzw. ähnliches Model i.S.d. § 2b EStG an und stellte die negativen Einkünfte der GbR für das Jahr 1999 mit einem entsprechenden Zusatz fest.

Die dagegen erhobene Klage hatte vor dem FG keinen Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2012, 5 K 1281/08, Haufe-Index 3591023).

 

Entscheidung

Der BFH wies die von der GbR und einem Beigeladenen erhobene Revision als unbegründet zurück. § 2b EStG sei auf die Gesellschaft anwendbar, weil die Gesellschaft im zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift errichtet worden sei. § 2b EStG sei verfassungsgemäß und seine Voraussetzungen seien erfüllt.

 

Hinweis

Das Urteil hat nur noch für Altfälle Bedeutung, weil es den zeitlichen Anwendungsbereich, die Auslegung und die Verfassungsmäßigkeit des § 2b EStG betrifft, der am 10.11.2005 außer Kraft getreten und durch § 15b EStG ersetzt worden ist.

1. Nach § 2b EStG durften Verluste aus Beteiligungen an Gesellschaften nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden, wenn bei Erwerb oder Begründung der Einkunftsquelle die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund stand. Die Regelung war erheblichen verfassungsrechtlichen Zweifeln ausgesetzt, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm, was schließlich sogar zu einer AdV durch den BFH geführt hatte (BFH, Beschluss vom 2.8.2007, IX B 92/07, BFH/NV 2007, 2270). Die Abschaffung des § 2b EStG war u.a. auch eine Reaktion auf diese verfassungsrechtlichen Bedenken.

2. Das hier besprochene Urteil erklärt § 2b EStG nun lange nach seinem Außerkrafttreten zumindest insoweit für verfassungskonform, als bei der Gewinnung von Anlegern die Erzielung eines steuerlichen Vorteils durch Werbung mit einer Verlustzuweisung und der ESt-Ersparnis herausgestellt wird. In diesem Fall reicht es aus, wenn aus objektiven Umständen, nämlich der konkreten Renditeerwartung und der besonderen Werbung mit Verlustzuweisungen, darauf geschlossen werden kann, dass die Investition auf steuerlichen Motiven beruht und nicht aus anderen wirtschaftlichen Erwägungen getätigt worden ist. Im Hinblick auf derartige Verlustzuweisungsgesellschaften ist der Tatbestand des § 2b EStG hinreichend bestimmt.

3. Die anderen gegen § 2b EStG geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken weist der BFH klar zurück:

  • Die Schaffung besonderer Verlustverrechnungskreise ist zur Steuerung von Investitionsentscheidungen zulässig und verletzt nicht den Gleichheitssatz.
  • Die Beeinträchtigung der Wirkung einer zu Verlusten führenden steuerlichen Subvention durch die Beschränkung der Verlustnutzung verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip.
 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.09.2016, IV R 2/13BFH, Urteil vom 22.11.2016 – IV R 2/13

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