Rz. 1

[Autor/Stand] Der Feststellungsbescheid über den Steuerwert des der Bedarfsbewertung unterliegenden Vermögens (§ 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BewG) hat Bindungswirkung für die jeweilige Erbschaft-, Schenkung- oder Grunderwerbsteuerfestsetzung; so der Wille des Gesetzgebers (Gesetzesbegründung s. § 151 BewG Anm. 5), der allerdings erst mit der inzwischen erfolgten Anpassung des § 12 Abs. 2, 3, 5, 6 ErbStG durch das ErbStRG v. 24.12.2008[2] für nach dem 31.12.2008 verwirklichte Steuerfälle des ErbStG tatsächlich vollzogen wurde (§ 37 Abs. 1 ErbStG).[3] Damit beschränkt sich die Kompetenz der Erbschaft- und Schenkungsteuerstellen und – in den Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG[4] (§ 151 Abs. 5 BewG) – der Grunderwerbsteuerstellen auf die reine Steuerberechnung zwecks Steuerfestsetzung sowie die Bestimmung der/s konkreten Steuerschuldner/s (§ 157 Abs. 1 Satz 1 AO – s. § 153 BewG Anm. 2). Sie sind verpflichtet die festgestellten Steuerwerte als Besteuerungsgrundlagen zu übernehmen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO).[5]

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Doch beachten Sie: Die Erbschaft-/Schenkungsteuerstellen sind zwar nicht befugt insoweit abweichend zu entscheiden.[7] Entspricht ein festgestellter Bedarfswert aber nicht der steuerrechtlichen Bereicherung, erlaubt der BFH ausnahmsweise eine Korrektur des Wertansatzes; ggf. unter formloser Mithilfe des Bedarfsbewertungsfinanzamts[8] – eine zweifelhafte Ausnahme. Die erbschaft-/schenkungsteuerpflichtige Bereicherung ist ausdrücklich in Anwendung des § 12 ErbStG zu ermitteln (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Nachdem diese Norm geändert wurde (s. Anm. 1), verbietet sich bei nach dem 31.12.2008 verwirklichten Erwerben bedarfsbewertungsbedürftigen Vermögens eine Abweichung von den gesondert und damit förmlich festgestellten Werten.[9]

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Dies hat Konsequenzen für das Rechtsbehelfsverfahren: Einwendungen gegen die Höhe der festgesetzten Steuer können, soweit sie die Bedarfswerte betreffen, nur gegen die Feststellungsbescheide als Grundlagenbescheide (§ 171 Abs. 10 AO), nicht gegen die Steuerbescheide als Folgebescheide (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO) erhoben werden (§ 351 Abs. 2 AO, § 42 FGO). Rechtsbehelfe gegen Erbschaft-/Schenkungsteuerbescheide dürften jedoch nicht unzulässig sein, wenn einigermaßen substantiiert vorgetragen wird, dass ein festgestellter Bedarfswert nicht der steuerrechtlichen Bereicherung entspreche (s. Anm. 2).

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Zuständiges Finanzamt zur Bearbeitung des Einspruchs ist nicht das Erbschaft-/Schenkungsteuer- oder Grunderwerbsteuerfinanzamt, sondern grds. die Finanzbehörde, die den Bedarfsbewertungsbescheid erlassen hat (§ 367 Abs. 1 Satz 1 AO).[12] Der Einspruch kann allerdings auch beim jeweiligen Folgebescheidsfinanzamt angebracht werden (§ 357 Abs. 2 Satz 2 AO). Eine in den Fällen des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2–4 BewG denkbare Zuständigkeitsänderung (s. § 152 BewG Anm. 12 ff.) wirkt sich auch im Einspruchsverfahren aus (§ 367 Abs. 1 Satz 2 AO).[13]

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Der Steuerschuldner darf förmlich festgestellte Bedarfswerte nicht bestandskräftig werden lassen, wenn er sie nicht akzeptieren will. Doch muss er hierzu auch verfahrensrechtlich berechtigt sein. Dies bestimmt allgemein § 350 AO/§ 40 Abs. 2 FGO. Insoweit erweiternd[15] regelt § 155 BewG speziell die Rechtsbehelfsbefugnis gegen Bedarfswertbescheide. Danach wird differenziert:

  – Einspruchs- und klagebefugt sind stets die Beteiligten i.S. des § 154 Abs. 1 BewG – so § 155 Satz 1 Halbs. 1 BewG; dazu zählen inzwischen ausdrücklich auch die Steuerschuldner (§ 154 Abs. 1 Nr. 3 BewG)[16].
  – Feststellungsbescheide über Grundbesitzwerte für Grunderwerbsteuerzwecke (§ 151 Abs. 5 Satz 1 BewG) dürfen auch von den Steuerschuldnern angefochten werden (s. § 153 BewG Anm. 15) – so § 155 Satz 1 Halbs. 2 BewG – eine nunmehr überflüssige Regelung (s. Anm. 21).
  – § 352 AO/§ 48 FGO gelten nicht für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2006 (§§ 155 Satz 2, 158 Abs. 1 BewG i.d.F. des JStG 2007[17]),
  – sind aber – dies wirkt wiederum einschränkend[18] – entsprechend anzuwenden, soweit Feststellungsgegenstände einer Erbengemeinschaft "in Vertretung der Miterben" auf Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 zuzurechnen sind (§§ 155 Satz 2, 205 Abs. 1 BewG i.d.F. des ErbStRG[19] – s. hierzu aber auch § 154 BewG Anm. 58).
 
Hinweis

In allen nicht von § 155 Satz 2 BewG (n.F.) erfassten Fällen streitiger Bedarfsbewertungen für Bewertungsstichtage ab 1.1.2009 stellt sich damit die Frage nach der Anwendbarkeit der §§ 352 AO, 48 FGO (s. Anm. 37 f.).

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Die Rechtsbehelfsbefugnis ist eine sog. Sachentscheidungsvoraussetzung. Fehlt sie im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bzw. letzten mündlichen Verhandlung vor dem Gericht, führt dies zur Unzulässigkeit des Einspruchs oder der Klage gegen den Feststellungsbescheid.[21]

 

Rz. 7– 8

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.01.2017
[2] BGBl. I 2008, 3018.
[3] S. auch Halaczinsky in Rössler/Troll, § 151 BewG Rz. 28 (so noch A...

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