Rz. 115

[Autor/Stand] Hat der Gutachterausschuss Bodenrichtwerte für erschließungsbeitragspflichtiges Bauland festgelegt, ist dieser Richtwert für solche Grundstücke maßgebend und unverändert zu übernehmen, für die (noch) eine Erschließungsbeitragspflicht besteht. Auf den tatsächlichen Erschließungszustand des Grundstücks kommt es nach dem BFH-Urteil v. 18.8.2005[2] nicht an. Damit hat sich der BFH gegen die mit R 161 Abs. 6 Sätze 4 und 5 ErbStR 2003 vertretene Auffassung der Finanzverwaltung entschieden. Mit Tz. 40 Abs. 7 der gleich lautenden Erlasse v. 2.4.2007[3] übernimmt die Finanzverwaltung die Auffassung des BFH.

 

Rz. 116

[Autor/Stand] Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger bekam im März 1998 von seinem Bruder drei in B gelegene Baugrundstücke in einer Gesamtgröße von 2 550 m2 geschenkt. Zu dieser Zeit waren in dem Baugebiet die Abwasser- und Wasserversorgungsanlagen endgültig und die Straßen vorläufig hergestellt. Der Kläger traf hinsichtlich der Erschließungsbeiträge am 4.5.1999 mit der Gemeinde eine Ablösevereinbarung, in der er sich zur Zahlung von rd. 83 000 DM verpflichtete. Der zuständige Gutachterausschuss hatte auf den 31.12.1995 für Wohnbauflächen in B einen Richtwert von 15 bis 30 DM festgelegt. In diesen Werten sind Erschließungsbeiträge für Kanal, Wasser und Straße nicht enthalten. Für den Stichtag "31.12.1998" wurden für mäßige Wohnlagen 10 DM/m2, für mittlere 18 DM/m2 und für gute Wohnlagen 25 DM/m2 angesetzt. Der Gutachterausschuss teilte während des FG-Verfahrens mit, dass sich die festgestellten Bodenrichtwerte auf den Zustand "erschließungsbeitragspflichtig" bezögen. Das FA stellte den Grundbesitzwert für alle drei Grundstücke auf 89 000 DM fest. Es ging hierbei von einem Bodenrichtwert von 44 DM/m2, nämlich 30 DM/m2 für das unerschlossene Grundstück zuzüglich 14 DM/m2 Erschließungskosten aus. Das FG gab der Klage, mit welcher der Kläger die Herabsetzung des Grundbesitzwerts auf 36 000 DM begehrte, statt. Das FG ging davon aus, dass die durch die Erschließungsmaßnahme eingetretene Wertsteigerung durch die noch offenen Beitragspflichten neutralisiert worden sei. Der Wert des unerschlossenen Baulands sei mit 18 DM/m2 anzusetzen. Dies sei der vom Gutachterausschuss zum 1.1.1998 für mittlere Lagen angegebene Wert. Die Wertverhältnisse hätten sich zwischen 1994 und 1998 nicht wesentlich verändert. Auf die Revision des FA hob der BFH die FG-Entscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Der BFH führte aus, nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG bestimme sich der Wert unbebauter Grundstücke nach ihrer Fläche und dem um 20 % ermäßigten Bodenrichtwert i.S. von § 196 BauGB. Habe – wie hier – der Gutachterausschuss für die maßgebende Zone Bodenrichtwerte für erschließungsbeitragspflichtiges Bauland festgelegt, sei dieser Richtwert für solche Grundstücke maßgebend und unverändert zu übernehmen, für die (noch) eine Erschließungsbeitragspflicht bestehe. Auf den tatsächlichen Erschließungszustand des Grundstücks komme es entgegen R 161 Abs. 6 Sätze 4 und 5 ErbStR 2003 nicht an. Die in R 161 Abs. 6 ErbStR 2003 vertretene Ansicht der Verwaltung widerspreche den gesetzlichen Bestimmungen. Nach § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB seien Bodenrichtwerte u.a. für "erschließungsbeitragspflichtiges und erschließungsbeitragsfreies Bauland" zu ermitteln. Unerheblich sei, ob ein Grundstück am maßgeblichen Stichtag bereits tatsächlich erschlossen sei, weil eine Beitragspflicht auch dann noch bestehen könne, wenn die Erschließungsmaßnahmen bereits abgeschlossen worden seien.

Das FG habe jedoch zu Unrecht einen "eigenen" Bodenrichtwert durch Wertableitung aus einem Verkaufsfall im Jahr 1994 und der Richtwertkarte auf den 31.12.1997 ermittelt. Der vom FG aufgrund eigener Schätzung ermittelte Wert von 18 DM/m2 sei nicht der nach § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG zugrunde zu legende Wert. Den maßgebenden Bodenrichtwert habe das FG ausschließlich der Bodenrichtwertkarte auf den 31.12.1995 entnehmen dürfen. Soweit letztere eine Preisspanne zwischen 15 DM und 30 DM/m2 vorgebe, sei die Richtwertkarte für Zwecke der steuerlichen Bewertung ungeeignet und entspreche nicht § 145 Abs. 3 BewG. Dies rechtfertige aber keine eigene Schätzung durch das FG. Aus einer Richtwertkarte, die für Grundstücke in einer Richtwertzone eine Preisspanne nenne, könne bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts für unbebaute Grundstücke in diesem Gebiet nach § 145 Abs. 3 BewG nur der unterste Wert der angegebenen Spanne (hier: 15 DM/m2) übernommen werden. Gleichwohl sei im Streitfall wegen der bislang ungeklärten Rechtslage dem FA im zweiten Rechtsgang Gelegenheit zu geben, beim Gutachterausschuss auf die Erarbeitung einer für Zwecke der steuerlichen Bewertung geeigneten und § 145 Abs. 3 BewG entsprechenden Richtwertkarte hinzuwirken sowie die dieser Entscheidung entsprechenden "ergänzenden Vorgaben" i.S. von § 196 Abs. 1 Satz 4 BauGB zu machen.”

 

Rz. 117

[Autor/Stand] Ursprünglich hat die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten[6], dass sich d...

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