Rz. 346

[Autor/Stand] Von der Grundsteuer befreit ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 GrStG der Grundbesitz, der

  • von einer Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, einem ihrer Orden, einer ihrer religiösen Genossenschaften oder einem ihrer Verbände (subjektive Voraussetzung)
  • für Zwecke der religiösen Unterweisung, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Erziehung oder für Zwecke der eigenen Verwaltung benutzt wird (objektive Voraussetzung).[2]
 

Rz. 347

[Autor/Stand] Eine Grundsteuerbefreiung tritt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 GrStG für solche Grundstücke ein, die von einer Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist, einem ihrer Orden oder einer religiösen Genossenschaft oder einem ihrer Verbände für für Zwecke der religiösen Unterweisung benutzt werden. Maßgeblich kommt es auf den rechtlichen Charakter der Religionsgesellschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts an. Dagegen werden an die zusätzlichen Gliederungen der Religionsgesellschaft seitens des GrStG explizit keine gesonderten Anforderungen (z.B. Zeitpunkt der Gründung) gestellt. Allerdings beschränkt sich auch bei den Untergliederungen der befreiten Religionsgesellschaften die Befreiung ausschließlich auf die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 GrStG aufgeführten Einheiten. Andere, dort nicht erwähnte Rechtsformen, z.B. seitens der Religionsgesellschaften gehaltene private Gesellschaften in Form von Kapital- oder Personengesellschaften, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG.

 

Rz. 348

[Autor/Stand] Hinsichtlich der Religionsgesellschaften i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG ist zwischen Alt- und Neukörperschaften des öffentlichen Rechts zu differenzieren. Gemäß Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV i.V.m. Art. 140 GG blieben Religionsgesellschaften in der Bundesrepublik Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie solche zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Verfassung am 11.8.1919 waren. Diese als altkorporierten bezeichnete Religionsgemeinschaften sind insb. die evangelische sowie die katholische Kirche einschließlich ihrer Untergliederungen.[5] Anderen Religionsgesellschaften sind auf Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten (sog gekorenen Körperschaften bzw. neu-korporierte Körperschaften; Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV). Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verband zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 3 WRV).

 

Rz. 349

[Autor/Stand] Zu den vorkonstitutionell als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestehenden Religionsgemeinschaften gehören vor allem die evangelischen Kirchen (Landeskirchen, Gemeinden, Zusammenschlüsse), die Römisch-Katholische Kirche (Diözesen, Gemeinden, Zusammenschlüsse, zum Teil auch Ordensgemeinschaften), einzelne jüdische Gemeinden, die Altkatholiken und Altlutheraner, die Baptisten und die Mennoniten.[7]

 

Rz. 350

[Autor/Stand] Anderen Religionsgesellschaften sind als Neukörperschaften gemäß Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV i.V.m. Art. 140 GG auf Antrag die gleichen Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.[9] Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will, muss darüber hinaus nach der Rechtsprechung des BVerfG rechtstreu sein.[10] Sie muss in diesem Zusammenhang die ausreichende Gewähr dafür bieten, dass sie das geltende Recht beachtet, insb. die ihr übertragene Hoheitsgewalt nur in Einklang mit den verfassungsrechtlichen und sonstigen gesetzlichen Bindungen ausüben wird. Sie muss zudem die Gewähr dafür bieten, dass ihr künftiges Verhalten die in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichen Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht gefährdet. Eine darüberhinausgehende Loyalität zum Staat verlangt das Grundgesetz nicht.[11]

 

Rz. 351

[Autor/Stand] Die Befreiungsvoraussetzungen für Neukörperschaften sind erst nach Ergehen eines entsprechenden Verleihungsakts erfüllt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 8 WRV).[13] Ob eine Religionsgesellschaft eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, richtet sich nach Landesrecht. Die Verleihung des Körperschaftsstatus erfolgt seitens des Bundeslandes, in dem die Religionsgemeinschaft ihren Sitz hat.

 

Beispiel: 8

Im Land Nordrhein-Westfalen erfolgt die Verleihung durch Gesetz. Dort sind u.a.

  • der neuapostolischen Kirche des Landes Nordrhein-Westfalen,
  • dem Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland,
  • der Freireligiösen Landesgemeinde Nordrhein-Westfalen,
  • der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten in Nordrhein-Westfalen,
  • der Mennonitengemeinde zu Krefeld,
  • der Heilsarmee in Deutschland,
  • der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von De...

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