Rz. 744

Im Einzelnen fallen unter Nr. 52 der Anlage 2 des UStG:

 

Rz. 745

a)

Künstliche Gelenke für Menschen, ausgenommen Teile und Zubehör (aus Unterposition 9021 31 00 des Zolltarifs).

Hierzu gehören vorgefertigte künstliche Gelenke aus Metall oder anderen Stoffen für Menschen (z. B. künstliches Hüft- oder Kniegelenk), die an die Stelle nicht funktionsfähiger natürlicher Gelenke treten sollen.

Nicht begünstigt sind die Umsätze von Teilen und Zubehör. Nach dem bis 31.12.1987 geltenden Gemeinsamen Zolltarif (Rz. 76) wurden z. B. Hüftgelenkköpfe und Hüftgelenkpfannen als vollständige Prothesen der zu ersetzenden Körperteile tarifiert und fielen damit unter die Steuerermäßigung. Nach der BFH-Rechtsprechung[1] gilt dies auch für den ab 1.1.1988 geltenden aktuellen Zolltarif. Dementsprechend hat die Verwaltung die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auch auf Einzelkomponenten für Hüft- und Kniegelenksprothesen zugelassen, soweit noch keine Bestandskraft für anders lautende Umsatzsteuerbescheide eingetreten ist.[2] Das FG Baden-Württemberg hatte Schraubpfanneneinsätze als begünstigte Einzelkomponenten eines Hüftgelenks beurteilt.[3] Der BFH hat dagegen im Revisionsverfahren sog. Schraubpfannensysteme (Schraubpfanneneinsätze und Schraubpfannendeckel), die als Hüftgelenksimplantate verwendet werden, den nicht begünstigten "Teilen" künstlicher Gelenke zugeordnet, wenn sie Gegenstand einer selbstständigen Leistung sind.[4] Zur Abgrenzung nicht begünstigter Teile von den begünstigten Einzelkomponenten künstlicher Gelenke vgl. im Einzelnen Rz. 734ff.!

Die FDP-Fraktion des Deutschen Bundestags hat die Bundesregierung im Jahr 2006 im Rahmen einer kleinen Anfrage gefragt, wie sie es begründe, dass für vorgefertigte künstliche Gelenke aus Metall oder anderen Stoffen für Menschen (z. B. künstliches Hüft- oder Kniegelenk), die an die Stelle nicht funktionsfähiger natürlicher Gelenke treten sollen, einschließlich Einzelkomponenten der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt, für entsprechende Teile und Zubehör aber der Normalsatz gilt. Die Bundesregierung antwortete, dass sich die Abgrenzung der begünstigten Gegenstände ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben richte. Umsätze von Teilen und Zubehör seien nach dem Wortlaut des Gesetzes von der Steuerermäßigung ausgenommen.[5]

Im Jahr 2019 hat die FDP-Bundestagsfraktion die Bundesregierung erneut gefragt, wie sie es begründe, dass für Körperersatzstücke (Prothesen, künstliche Gelenke) der ermäßigte Steuersatz gelte, nicht aber für deren Zubehör. In ihrer Antwort führte die Bundesregierung erneut aus, dass sich die Abgrenzung der begünstigten Gegenstände ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben richte. Umsätze von Teilen und Zubehör seien nach dem Wortlaut des Gesetzes von der Steuerermäßigung ausgenommen. Die Bundesregierung halte die Ermäßigung auch weiterhin für angemessen.[6]

 

Rz. 746

b)

Orthopädische Apparate und andere orthopädische Vorrichtungen einschließlich Krücken sowie medizinisch-chirurgischer Gürtel und Bandagen für Menschen, ausgenommen Teile und Zubehör (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs).

Zu beachten ist, dass nicht alle Gegenstände der Unterposition 9021 10 des Zolltarifs begünstigt sind, sondern nur die ausdrücklich in Nr. 52 Buchst. b der Anlage 2 des UStG aufgeführten Waren. Es handelt sich hierbei um Apparate und Vorrichtungen zum Verhüten und Korrigieren gewisser körperlicher Missbildungen oder zum Stützen und Halten von Organen nach einer Krankheit, Verletzung oder Operation. Zur Erleichterung der oft recht kniffligen Abgrenzung von nicht begünstigten medizinischen Apparaten usw. hat das FinMin Sachsen-Anhalt eine Tabelle erstellt. Die in dieser Tabelle dargestellten Abgrenzungskriterien differenzieren einerseits zwischen den Unterpositionen 9021 10 10 des Zolltarifs (begünstigt) und 9021 10 90 des Zolltarifs (nicht begünstigt) sowie andererseits zwischen den Positionen 6212 und 6307 des Zolltarifs (nicht begünstigt) gegenüber den Positionen 9021 10 10 (begünstigt) und 9021 10 90 (nicht begünstigt).[7]

Zu den begünstigten Gegenständen aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs gehören insbesondere

  1. orthopädische Apparate usw. für den Fuß (Apparate für Klumpfüße, Beinstützapparate, auch mit Feder für den Fuß, Fußheber usw.). Um eine Ware als "Vorrichtung" oder auch "Apparat" ansprechen zu können, muss sich deren Aussehen deutlich von gewöhnlichen Schuhen unterscheiden;
  2. orthopädische Apparate für Hüftleiden;
  3. Streckapparate gegen die Skoliose und die Verkrümmung des Rückgrats;
  4. Apparate zum Aufrichten des Kopfs und der Wirbelsäule (z. B. bei Pott’scher Krankheit), auch Einzelkomponenten von Wirbelsäulenimplantaten (Rz. 735);
  5. Apparate usw., die bei Falschgelenken (z. B. Oberarmknochen-Resektion) verwendet werden;
  6. Hülsen zum Stützen der Glieder;
  7. Apparate zum Ausgleich von Beinverkürzungen (sog. Innenschuhe, Extensionsapparate oder Einzugsapparate);
  8. maßgerecht gefertigte orthopädische Schuhe oder Schuhe, die serienmäßig hergestellt sind, einzeln und nicht paarweise gest...

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