Rz. 390

Bei der Übertragung der mit dem Besitz eines Pfandscheins verbundenen Rechte gilt nach § 10 Abs. 2 S. 1 UStG der Preis des Pfandscheins zuzüglich der Pfandsumme als vereinbartes Entgelt. Pfandscheine werden von den Pfandleihern den Verpfändern nach § 6 PfandlV[1] ausgehändigt. Nur für diese Pfandscheine gewerblicher Pfandleiher und entsprechende Fälle (z. B. beim Lombardkredit der Deutschen Bundesbank) gilt die Regelung des § 10 Abs. 2 S. 1 UStG, nicht dagegen für etwaige Quittungen oder ähnliche Urkunden, die der Gläubiger dem Eigentümer der Sache bei der Bestellung des Pfandrechts gibt und die nicht die Rechtsqualität eines qualifizierten Legitimationspapiers haben. Der Pfandschein hat als solches die Rechtswirkungen, dass der Schuldner nur gegen Aushändigung des Papiers zu leisten braucht, aber durch Leistung an jeden Inhaber von seiner Verpflichtung frei wird.[2]

 

Rz. 391

Der Erwerb eines Pfandscheins ist verbunden mit dem Erwerb der Rechte des Verpfänders aus dem Pfandrechtsverhältnis, insbesondere mit dem Recht auf Herausgabe der verpfändeten Sache bei Erbringung der dafür bestehenden Voraussetzungen. In den Fällen der gewerblichen Pfandleiher darf dieser mit dem Verpfänder nur vereinbaren, dass die Befriedigung wegen der Darlehensforderung einschließlich Zinsen, Vergütungen und Kosten ausschließlich aus dem Pfand geschehen darf.[3] Eine Forderung auf Zahlung des Darlehensbetrags an den Verpfänder kann nicht gestellt werden.[4]

 

Rz. 392

Niemand erwirbt einen Pfandschein, wenn er die Rechte aus diesem nicht geltend machen will. Deswegen kann auch nicht der Preis für den Pfandschein abzüglich USt die Bemessungsgrundlage für die Übertragung des Pfandscheins sein. Ziel dieser Übertragung ist der Eigentumserwerb an der Pfandsache durch den Erwerber des Pfandscheins einschließlich der vollen Nutzbarkeit des Eigentums. Die Nutzbarkeit ist ausgeschlossen und das Eigentum ist stark gefährdet, solange der Pfandleiher die Sache besitzt. Der im Pfandschein verbriefte Herausgabeanspruch gegen den Pfandleiher kann aber nur gegen Zahlung des Darlehensbetrags (zuzüglich Nebenleistungen) realisiert werden. Deswegen hängt die Ausnutzung der Rechte aus dem Pfandschein von der Erfüllung der Darlehensschuld ab. Hieran hat sich auch die Regelung über die Bemessungsgrundlage orientiert. Der Erwerber hat hierfür sowohl den Preis für den Pfandschein als auch die Pfandsumme aufzuwenden.

 

Rz. 393

Nach der h. M. sind für die Bemessungsgrundlage der Preis für den Pfandschein und der Darlehensbetrag, der der Verpfändung zugrunde liegt, zu addieren. Durch Herausrechnen der USt (bei einem Regelsteuersatz von 19 % mit eben diesem Prozentsatz) aus der sich ergebenden Summe soll sodann das fiktive Entgelt ermittelt werden. Das dabei gefundene Ergebnis wird m. E. dem in Abs. 1 aufgestellten Grundsatz nicht gerecht, dass – zumindest bis zum 31.12.2018 – der gesamte Aufwand des Leistungsempfängers für den Erhalt der Leistung zum Entgelt zu zählen ist. Durch die seit dem 1.1.2019 grundlegende Definition des Entgelts in § 10 Abs. 1 S. 2 UStG als dem, was der leistende Unternehmer erhält oder erhalten soll, muss hier ermittelt werden, von welchen Zahlungen der den Pfandschein übertragende Unternehmer durch den Verkauf des Pfandscheins entlastet wird (ersparte Zahlungen). Dieser Gedanke muss bei der Auslegung des § 10 Abs. 2 S. 1 UStG herangezogen werden, wenn nicht der Wortlaut der Vorschrift so eindeutig anders formuliert ist, dass er diese Auslegung ausschließt. Das ist hier nicht der Fall.

 

Rz. 394

Im Wortlaut der Vorschrift ist als Teilgrundlage die "Pfandsumme" genannt, nicht dagegen der Darlehensbetrag, der Pfandbetrag oder der ausgezahlte Betrag. Der Begriff der Pfandsumme ist kein rechtstechnischer Begriff des Rechts der Pfandverhältnisse. Da zudem Zinsen und Vergütungen des Pfandleihers entweder sofort bei Auszahlung des Darlehens (ganz oder teilweise) den ausgezahlten Betrag gegenüber dem Nominaldarlehen mindern oder erst später bei Auslösung der Pfandsache dem Darlehen für den zu zahlenden Betrag hinzuzurechnen sind, kann der Begriff der Pfandsumme nicht als eindeutig angesehen werden. Er ist also einer Auslegung zugänglich. Dabei ist zu bemerken, dass der Wortbestandteil "-summe" von der Zusammensetzung aus mehreren Einzelbeträgen ausgeht.

 

Rz. 395

Für den Erhalt der Leistung, die durch die Übertragung des Pfandscheins verbrieft wird, wendet der Erwerber außer dem an den Veräußerer gezahlten Preis auch alles das auf, was er für die Herausgabe der Pfandsache zahlen muss. Das ist zum einen der zurückzuzahlende Darlehensbetrag, dazu gehören aber auch die von ihm zu erbringenden Zinsen und Kosten.[5] Für die Erlangung seiner Rechtsposition sind allerdings nur die Zinsen und Kosten sowie die Zinsaufwendungen, die auf die Zeit bis zu ihrem Erwerb entfallen, zu berücksichtigen. Löst der Erwerber die Pfandsache nicht sofort ein und entstehen weitere Zinsen und Kosten, wendet er sie zwar für den Erwerb und die Sicherung des Eigentums an der...

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