Rz. 5

Durch das Vollstreckungsverfahren soll die Beitreibung von festgesetzten Geldbußen, Forderungen aus angeordneten Nebenfolgen, verhängten Ordnungsgeldern und Kosten des Bußgeldverfahrens sichergestellt werden. In § 90 Abs. 1 OWiG ist die Vollstreckung von Bußgeldentscheidungen jedoch für Bundes- und Landesbehörden unterschiedlich geregelt. Aus Zweckmäßigkeitserwägungen ist die Vollstreckung von Bescheiden der Finanzbehörden in Bußgeldverfahren durch § 412 Abs. 2 S. 1 AO für Finanzbehörden des Bundes und der Länder einheitlich geregelt, sodass statt der §§ 90 Abs. 1 und 4, 108 Abs. 2 OWiG in jedem Fall die für die Vollstreckung von Verwaltungsakten der Finanzbehörden geltenden §§ 249 bis 346 AO anwendbar sind. Die übrigen Vorschriften der §§ 89 bis 104 OWiG über die Vollstreckung von Bußgeldentscheidungen bleiben gem. § 412 Abs. 2 S. 2 AO unberührt.

 

Rz. 6

Vollstreckungsbehörde für steuerliche Bußgeldbescheide ist nach § 412 Abs. 2. S. 2 AO i. V. m. § 92 OWiG stets die Finanzbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat[1], d. h. die für die Verwaltung der Steuer zuständige Finanzbehörde. Wie sich aus Nr. 121 Abs. 2 S. 1 AStBV (St) 2019 ergibt, ist grundsätzlich die Bußgeld- und Strafsachenstelle die Vollstreckungsbehörde i. S. d. § 92 OWiG, sodass sie Entscheidungen über Vollstreckungsmaßnahmen i. S. d. §§ 93ff. OWiG trifft (Bsp.: Zahlungserleichterung). Die Durchführung der Vollstreckung obliegt hingegen der Vollstreckungsstelle, § 121 Abs. 2 S. 2 AStBV (St) 2019 (Vollstreckungsstelle i. S. d. §§ 249ff. AO). Die vorherige Erhebung erfolgt gem. Nr. 120 AStBV (St) 2019 ggf. durch die Finanzkasse. Soll eine gerichtliche Bußgeldentscheidung vollstreckt werden, so erfolgt dies gem. § 91 OWiG, § 451 Abs. 1 StPO grundsätzlich durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht.[2] Für diese gelten die Vorschriften des VwVG und nicht die Vollstreckungsvorschiften der AO.

 

Rz. 7

Verwirft jedoch das Gericht den Einspruch gegen einen Bescheid als unzulässig, verbleibt die Vollstreckungskompetenz bei der Finanzbehörde.[3]

 

Rz. 8

Voraussetzung für die Vollstreckung eines Bußgeldbescheids ist – anders als bei Steuerbescheiden – gem. § 89 OWiG dessen formelle Rechtskraft.[4] Diese liegt vor, wenn der Bescheid nicht (mehr) angefochten werden kann.[5]

 

Rz. 9

Der Vollstreckungsbehörde kommt kein Ermessen zu, sodass sie zur Vollstreckung verpflichtet ist und davon nicht absehen kann.[6] Aus Opportunitätsgründen kann die Vollstreckungsbehörde jedoch gem. § 95 Abs. 2 OWiG anordnen, die Vollstreckung einzustellen, wenn der Betroffene auf absehbare Zeit nicht in der Lage ist, die ihm auferlegte Buße zu zahlen. Eine solche Einstellung der Vollstreckung bedeutet jedoch keinen Verzicht auf die Geldbuße, da die Beitreibung bis zum Eintritt der Vollstreckungsverjährung[7] jederzeit wieder aufgenommen werden kann, soweit sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen ändern.[8]

 

Rz. 10

Für die Vollstreckungsbehörde besteht auch die Möglichkeit, dem Betroffenen eine Zahlungsfrist zu bewilligen oder eine Ratenzahlung zu gestatten, wenn ihm nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, die Geldbuße sofort zu zahlen.[9]

 

Rz. 11

Sofern der Betroffene nicht zahlt bzw. gewährte Zahlungserleichterungen nicht einhält, darf die Beitreibung gem. § 95 Abs. 1 OWiG frühestens zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft erfolgen. Eine frühere Beitreibung ist nur zulässig, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen erkennbar ist, dass sich der Betroffene einer Zahlung entziehen will (Bsp.: Verlagerung des Wohnsitzes ins Ausland). Die Vollstreckung von Bußgeldbescheiden richtet sich nach den von der AO für die Vollstreckung von Steuerbescheiden aufgestellten Regeln.[10]

Zahlt der Betroffene nicht und ist davon auszugehen, dass die Geldbuße in angemessener Zeit nicht beigetrieben werden kann, obwohl der Betroffene zahlungsfähig ist, so kann die Vollstreckungsbehörde nach Ablauf der in § 95 Abs. 1 OWiG bestimmten Frist bei Gericht die Anordnung der Erzwingungshaft beantragen, § 96 Abs. 1 OWiG.[11] Da es sich bei der Erzwingungshaft um ein Beugemittel handelt, befreit sie den Betroffenen nicht von der Zahlungspflicht und er kann sie gem. § 97 Abs. 2 OWiG jederzeit durch Zahlung der Geldbuße abwenden.[12] Gem. § 104 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 OWiG, § 311 StPO kann sich der Betroffene gegen die gerichtliche Anordnung der Erzwingungshaft mit der sofortigen Beschwerde wenden. Der sofortigen Beschwerde kommt in diesem Fall aufschiebende Wirkung zu.[13]

 

Rz. 12

Ein Vollstreckungshindernis im Hinblick auf die Bußgeldentscheidung besteht, wenn gem. § 410 Abs. 1 AO i. V. m. § 34 OWiG die Verjährung eingetreten ist. Dasselbe gilt gem. § 101 OWiG für den Fall, dass der Betroffene verstorben ist, denn eine Vollstreckung in den Nachlass ist unzulässig. Entrichtet der Erbe die Geldbuße in Unkenntnis der Rechtslage, so ist die Vollstreckungsbehörde zur Erstattung verpflichtet.[14] Weitere Vollstreckungshindernisse können sich aufgrund eines Gnadenerweises oder des Fehlens deutscher...

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