Rz. 37
Aus der besonderen Rechtsstellung des Verteidigers folgt notwendig, dass dessen Ausschluss durch das Gericht nur in einer Ausnahmesituation erfolgen darf.
§ 138a Abs. 1 StPO normiert insgesamt 3 Ausschlusstatbestände, deren Aufzählung abschließend und nicht erweiterbar ist. Sie gelten in jeder Lage des Verfahrens, also auch im Ermittlungsverfahren. Infolge des Verweises in § 46 Abs. 1 OWiG greifen die Bestimmungen der §§ 138a ff. StPO auch im Bußgeldverfahren ein. Die Bestimmungen zum Verteidigerausschluss gelten für alle Verteidiger, also sowohl für Wahl- als auch für Pflichtverteidiger, als auch für nach § 392 Abs. 1 AO zugelassene Berufsträger.
Rz. 38
Im Einzelnen sind vornehmlich folgende Ausschlussgründe relevant:
Beteiligung an der Tat.
Notwendig ist der Verdacht einer vorwerfbaren Tatbeteiligung i. S. d. §§ 25 bis 27 StGB, also der Verdacht der Mittäterschaft, der Anstiftung oder der Beihilfe. Nicht erforderlich ist in diesem Zusammenhang, dass gegen den Betroffenen bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet oder dieses bereits zur Anklage gereift ist.
Notwendig ist ein hinreichender oder ein die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigender Verdacht. Ein hinreichender Verdacht einer Straftat liegt vor, wenn nach dem jeweiligen Stand der Ermittlungen die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der Verteidiger an der seinem Mandanten vorzuwerfenden Tat beteiligt war. Nicht erforderlich ist, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Denn dieser Ausschlussgrund soll der Gefahr begegnen, dass im Strafverfahren ein Verteidiger mitwirkt, der wegen seiner mutmaßlichen Tatbeteiligung außerstande ist, seine Aufgaben als Verteidiger so wahrzunehmen, wie dies seine Stellung als Beistand des Beschuldigten und als unabhängiges Organ der Rechtspflege erfordert. Das Hauptverfahren wird dann eröffnet, wenn bezüglich des Beschuldigten ein hinreichender Tatverdacht besteht, also bei vorläufiger Tatbewertung eine spätere Verurteilung des auszuschließenden Verteidigers wahrscheinlich ist. Erforderlich ist stets vorsätzliches Handeln des betroffenen Verteidigers, wobei auch bedingter Vorsatz genügt.
- Missbrauch des Verkehrs mit dem inhaftierten Beschuldigten oder erhebliche Gefährdung der Sicherheit der Vollzugsanstalt.
Handlungen, die als Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei zugunsten des Beschuldigten anzusehen sind.
Notwendig hierbei ist, dass sich die Handlungen des betreffenden Verteidigers auf die Tat beziehen, die Gegenstand des konkreten Ermittlungsverfahrens ist. Das Gericht braucht bei der Frage des Ausschlusses den Nachweis der Haupttat lediglich zu unterstellen und zu prüfen, ob der Verteidiger dann einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, wobei auch der Verdacht einer versuchten Strafvereitelung etwa durch Benennung eines zur Falschaussage bereiten Zeugen genügt, nicht jedoch die bloße erfolglose Anstiftung eines Zeugen zur Falschaussage. Prozessual zulässiges Verhalten kann unter dem Aspekt der Strafvereitelung niemals zum Verteidigerausschluss führen.
Rz. 39
Die Entscheidung über den Ausschluss trifft das zuständige Oberlandesgericht. Die Entscheidung ergeht aufgrund mündlicher Verhandlung. Gegen den Beschluss des OLG ist die sofortige Beschwerde gegeben, die binnen einer Woche eingelegt werden muss.
Im Ermittlungsverfahren, also vor Anklageerhebung, entscheidet dieses aufgrund eines entsprechenden Antrags der Staatsanwaltschaft bzw. der nach § 386 Abs. 1 AO handelnden Finanzbehörde.
Im gerichtlichen Verfahren, also nach Erhebung der öffentlichen Klage bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss, entscheidet das Oberlandesgericht auf Vorlage des mit der Sache befassten Gerichts, die von Amts wegen oder aber – ohne weitere Prüfung durch das Prozessgericht selbst – auf Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgt.