Rz. 24

Bei den Erfolgsdelikten (vgl. Rz. 52) kann dem Tatbeteiligten (vgl. Rz. 89ff.) der durch den Straftatbestand missbilligte Taterfolg nur zugerechnet werden, wenn ein Ursachenzusammenhang zwischen der Tathandlung und dem Taterfolg besteht. Die kausale Verbindung dieser beiden Tatbestandsmerkmale ist Bestandteil des objektiven Tatbestands der Straftat (vgl. Rz. 18). Oft ist dieses Tatbestandsmerkmal ungeschrieben. Bei § 370 AO ergibt es sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 370 Abs. 1 AO "und dadurch Steuern verkürzt". Dies ist ein Tatumstand i. S. v. § 16 Abs. 1 StGB, auf den sich der Tatvorsatz (vgl. Rz. 27ff.) erstrecken muss.

Nach der von der Rspr. vertretenen Äquivalenz- oder Bedingungstheorie[1] ist Ursache jede Bedingung des Erfolgs, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Form entfiele.[2]

 

Rz. 25

Bei Unterlassungsdelikten (vgl. Rz. 57) geht die Rechtsprechung von einem sog. normativen Kausalitätsbegriff aus. Maßgeblich ist insoweit eine hypothetische Kausalität, da dem Täter vorgeworfen wird, dass er nicht durch Setzen einer hindernden Bedingung die laufende Kausalkette aufgehalten hat.[3] Entscheidend ist also das Vorliegen einer sog. Quasi-Kausalität: Dem Täter wird die Nichthinderung des Erfolgs dann zugerechnet, wenn die unterlassene Handlung nicht „hinzugedacht“ werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele.[4] Hätte die unterbliebene Handlung den Eintritt des Erfolgs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert, so ist das Unterlassen in strafrechtlich relevanter Weise für den Erfolg kausal.[5] Hat das Unterlassen der gebotenen Handlung lediglich das Risiko des Erfolgseintritts erhöht, so reicht dies nicht aus.[6] Ist allerdings die Pflichterfüllung unmöglich, so fehlt die Kausalität.

 

Rz. 26

Die Rspr. geht also von der Zurechnung und Gleichwertigkeit jeder Bedingung aus. Später eingetretene andere Bedingungen, die ebenfalls Ursache des Taterfolgs sind, unterbrechen die Kausalkette nicht und hindern damit auch nicht die Zurechnung, wie außerdem die Zurechnung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass später der gleiche Erfolg mit Sicherheit auf andere Weise eingetreten wäre.[7]

[1] BGH v. 10.7.1958, 4 StR 180/58, BGHSt 12, 75, 78; vgl. auch Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, Vor § 13 StGB Rz. 21f.
[2] Im Einzelnen ist dazu vieles strittig, vgl. z. B. Gaede, Steuerbetrug, 663-677 m. w. N.; Schmitz/Wulf, MüKoStGB, 3. Aufl. 2019, § 370 AO Rz. 290ff. m. w. N.
[3] BGH v. 6.112002, 5 StR 281/01, BGHSt 48, 77, 92ff.; BGH v. 12.1.2010, 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087; vgl. auch Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, Vor § 13 StGB Rz. 39.
[4] BGH v. 6.112002, 5 StR 281/01, BGHSt 48, 77, 92ff.; BGH v. 6.7.1990, 2 StR 549/89, BGHSt 37, 106, 126ff.
[5] BGH v. 6.3.2007, 3 StR 497/06, NStZ 2007, 469; BGH v. 19.12.1997, 5 StR 569/96, BGHSt 43, 397; BGH v. 20.5.1980, 1 StR 177/80, NStZ 1981, 218.

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