Rz. 11

Bis 31.12.2011 regelte das EG-BeitrG v. 3.5.2003[1] die Vollstreckung im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Umsetzung von Art. 24 der Richtlinie des Rates v. 15.3.1976[2] bzgl. Maßnahmen zur gegenseitigen Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen. Dieses Gesetz wurde mit Wirkung zum 1.1.2012 durch das EU-Beitreibungsgesetz[3] ersetzt. Mit diesem Gesetz wurde die neue Richtlinie des Rates v. 16.3.2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf Steuern und Abgaben in das deutsche Recht umgesetzt. Die Neuregelung soll insbesondere die Vollstreckung im EU-Ausland erleichtern, indem der Informationsaustausch verbessert und die Zustellung innerhalb der EU vereinfacht werden.[4]

 

Rz. 12

Anwendbar ist das EU-BeitrG nach § 1 Abs. 1 EU-BeitrG für die Vollstreckung von Forderungen, die in anderen Mitgliedstaaten entstanden sind. Forderungen i. S. d. Gesetzes sind dabei Steuern und Abgaben aller Art, die durch einen Mitgliedstaat oder seine Untereinheiten oder die EU erhoben werden[5], Erstattungen, Interventionen oder andere Maßnahmen, die Bestandteil des Systems der Finanzierung der Landwirtschaft sind[6], und Abschöpfungen und andere Abgaben im Rahmen der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte im Bereich Zucker.[7] Am bedeutsamsten ist hierbei für die allgemeine Praxis sicherlich der Bereich der Steuern. Dabei gilt ein umfassender Anwendungsbereich. Darüber hinaus gilt das Gesetz aber auch für Geldstrafen, Geldbußen usw.[8], Gebühren[9] und Zinsen und Kosten zu Forderungen.[10] Der Anwendungsbereich ist damit gegenüber dem alten Recht weiter ausgedehnt worden. In § 1 Abs. 3 EU-BeitrG ist angeführt, für welche Forderungen das Gesetz nicht gilt. Dies betrifft insbesondere Sozialversicherungsbeiträge. Zur zwischenstaatlichen Amtshilfe in Zollsachen vgl. auch § 117 AO Rz. 62ff.

 

Rz. 13

Die Vollstreckung selbst richtet sich gem. § 1 Abs. 4 EU-BeitrG grundsätzlich nach der AO, doch werden die Regelungen der §§ 249ff. AO teilweise modifiziert. So bestimmt § 10 EU-BeitrG[11], dass die Forderung, die vollstreckt werden soll, nicht angefochten ist und die Vollstreckungsversuche in dem ersuchenden Staat grundsätzlich erfolglos geblieben sind.[12] Ausnahmen bestehen, wenn die Vollstreckung in dem ersuchenden Staat offensichtlich sinnlos wäre oder mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden. Rechtsbehelfe gegen die Vollstreckung aufgrund des EU-BeitrG sind bei der zuständigen ersuchten Behörde einzulegen. Zuständig sind die FÄ für Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen, sonstige Steuern und damit zusammenhängende Erstattungen. Für die USt sind sie zuständig, soweit dies nicht die EUSt betrifft. Für diese liegt die Zuständigkeit bei den Hauptzollämtern.[13]

 

Rz. 13a

§§ 5 bis 6 EU-BeitrG betreffen die Erteilung von Auskünften an andere Mitgliedstaaten mit und ohne formales Ersuchen. Das Ersuchen stellt einen besonders formalisierten Weg der Amtshilfe dar, für den gem. § 3 EU-BeitrG in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern bzw. das Hauptzollamt Hannover für Zölle zuständig ist. §§ 7 und 8 EU-BeitrG regeln die Zustellung von Dokumenten in einem anderen Mitgliedstaat der EU. Dem Ersuchen der Zustellung muss ein Standardformblatt beigefügt sein, welches in allen Mitgliedstaaten gleich gestaltet ist. Auf diese Weise wird die Zustellung zumindest in der Theorie erheblich erleichtert. Ob dies auch für die Praxis gilt, bleibt abzuwarten.

 

Rz. 13b

Zentrale Bedeutung für den Bereich der Beitreibung von Forderungen ist der Abschn. 4 des Gesetzes, der die §§ 9 bis 16 EU-BeitrG umfasst. Ersucht ein anderer Mitgliedstaat um eine Vollstreckung, wird diese ausländische Forderung wie eine inländische Forderung behandelt.[14] Der andere Staat kann dabei auch ein Ersuchen um Sicherungsmaßnahmen stellen. Auch hierfür gelten die Bestimmungen des Vollstreckungsrechts der AO entsprechend.[15]

 

Rz. 13c

Abgelehnt wird ein Ersuchen auf eine Vollstreckungshilfe für einen anderen EU-Mitgliedstaat insbesondere, wenn die Vollstreckung oder die Sicherungsmaßnahme unbillig wäre oder der Forderungsbetrag insgesamt 1.500 EUR nicht übersteigt. Es gibt hier also eine Mindestgrenze, die sicherlich als sinnvoll anzusehen ist angesichts des Aufwands, mit dem eine Vollstreckungshilfe über die Grenze auch noch nach dem Ergehen des EU-BeitrG verbunden ist. Zudem wird einem Ersuchen nicht nachgegangen, wenn die Forderung, um deren Vollstreckung ersucht wird, zum Zeitpunkt des ersten Ersuchens älter als fünf Jahre ist oder die Forderung insgesamt älter als zehn Jahre ist.[16] Hinsichtlich der Höhe und des Alters der Forderung gelten für einige Mitgliedstaaten abweichende Beträge.[17]

 

Rz. 13d

Die Verjährung von Forderungen, die nach dem EU-BeitrG vollstreckt werden sollen, richtet sich nach § 15 EU-BeitrG grundsätzlich nach dem Recht des Landes, in dem die ersuchende Behörde ansässig ist. Allerdings gelten auch die Regelungen der AO über die Verjährung entsprechend.[18]

 

Rz. 13e

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