Rz. 56

Die Fertigung von Kontrollmitteilungen stellt mangels Regelungscharakter keinen Verwaltungsakt, sondern ein schlicht hoheitliches Handeln dar, sodass Rechtsschutz dagegen durch eine allgemeine Leistungsklage gemäß § 40 Abs. 1, 1. Alt. FGO in Betracht kommt.[1] Eine solche vorbeugende Unterlassungsklage – die kein Vorverfahren voraussetzt – ist jedoch nur dann zulässig, wenn der Kläger substantiiert und in sich schlüssig darlegt, dass er durch ein bestimmtes, künftig zu erwartendes Handeln der Behörde in eigenen Rechten verletzt sein wird und dass ein Abwarten der tatsächlichen Rechtsverletzung unzumutbar ist, weil diese nach ihrem Eintritt nicht oder nur schwer wiedergutzumachen sein wird.[2] Einstweiliger Rechtsschutz kann nur im Wege der einstweiligen Anordnung[3] gewährt werden.[4] Deren Erlass setzt die konkrete Absicht der Finanzbehörde voraus, Kontrollmitteilungen zu erteilen. Die abstrakte Möglichkeit, dass Kontrollmaterial gefertigt wird, begründet kein Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige Anordnung.[5]

 

Rz. 57

Ist Kontrollmaterial gefertigt worden, ohne dass der Stpfl. hiergegen mit der Leistungsklage vorgegangen ist, kann es ausgewertet werden, auch wenn die Fertigung des Kontrollmaterials gegen gesetzliche Regelungen verstoßen hat. Hat sich der geprüfte Stpfl. nicht gegen die Erteilung der Kontrollmitteilung zur Wehr gesetzt, kann sich der davon Betroffene grundsätzlich nicht auf ein Verwertungsverbot berufen.[6] Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Kontrollmitteilung unter Verstoß gegen eine Rechtsnorm – z. B. ein Auskunftsverweigerungsrecht nach §§ 101ff. AO – zustande gekommen ist, die gerade den Schutz des von der Mitteilung Betroffenen bezweckt.[7]

Ob dies auch dann der Fall ist, wenn die den Gegenstand der Kontrollmitteilung bildenden Feststellungen nicht i. S. des § 194 Abs. 3 AO "anlässlich einer Außenprüfung" getroffen wurden[8], erscheint allerdings zweifelhaft. Denn § 194 Abs. 3 AO stellt eine zugunsten des geprüften Stpfl. bestehende Schutzvorschrift dar. Die Regelung soll lediglich verhindern, dass ein Stpfl. im Verlauf einer wegen seiner Besteuerung durchgeführten Prüfung auch noch unbeschränkt als Auskunftsperson über die Geschäfte weiterer Stpfl. herangezogen wird. Der Schutzbereich erfasst somit nicht Geschäftspartner der Stpfl.[9]

[1] BFH v. 4.10.2006, VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227, BFH/NV 2007, 119; BFH v. 4.10.2006, VIII R 54/04, BFH/NV 2007, 190; BFH v. 8.4.2008, VIII R 61/06, BStBl II 2009, 579; BFH v. 12.9.2017, I R 97/15, BFH/NV 2018, 177; Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 194 Rz. 180; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 194 AO Rz 33; Gosch, in Gosch, AO/FGO, § 194 AO Rz. 266; Klein/Rüsken, AO, 16. Aufl. 2022, § 194 Rz. 67; Koenig/Intemann, AO, 4. Aufl. 2021, § 194 Rz. 69.
[2] BFH v. 27.10.1993, I R 25/92, BStBl II 1994, 210; BFH v. 8.4.2008, VIII R 61/06, BStBl II 2009, 579.
[7] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 194 AO Rz. 33.
[8] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 194 AO Rz. 33; ebenso wohl auch Gosch, in Gosch, AO/FGO, § 194 AO Rz. 267 unter Hinweis auf Rz. 236.

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