Rz. 29

Der Datenpool, der zur gesetzeskonformen Verwendung für einen automationsgestützten Abgleich bereitsteht, ist nicht auf bestimmte Datenbanken der Steuerbehörden beschränkt. Die Berechtigung bezieht sich vielmehr auf von der Finanzverwaltung gespeicherte Daten, sowohl aus Verwaltungsverfahren in Steuersachen[1], als auch aus Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder aus Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit.[2] Insbesondere zählen dazu die Daten i. S. d. § 88a AO; dagegen ist die Norm keine Rechtsgrundlage zur Beschaffung der zu nutzenden Daten.[3] Es stehen aber alle nach § 30 AO geschützten Daten für die Zwecke des § 88b AO zur Verfügung, die von der Finanzverwaltung rechtmäßig gespeichert wurden.

 

Rz. 30

Die zweckgebundene Verwendungsberechtigung bezieht sich auf die gespeicherten Klardaten, ohne dass es einer vorhergehenden Verschlüsselung durch die datenberechtigte Behörde bedarf.

 

Rz. 31

Grundsätzlich ist es für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Eingriffs in Freiheitsrechte relevant, ob der Gesetzgeber lediglich die Nutzung bestimmter, ausdrücklich aufgezählter Informationen zulässt.[4] Dies ist hier insoweit der Fall, als die Norm sich ausdrücklich nur auf die Datenzusammenführung aus den Finanzbehörden ohnehin vorliegenden Informationen beschränkt. Grundsätzlich ist ein Informationsaustausch zwischen verschiedenen Finanzbehörden zulässig. Ebenso handelt es sich – wie auch bei der Sammlung und Auswertung von Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen – nicht um einen unmittelbaren Rechtseingriff gegenüber dem Bürger.[5] Dies ist von besonderem Gewicht, da die Abwägung zwischen einem Eingriff in die Freiheitsrechte und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Eingriffsgrundes auch von dem jeweils besonderen Gewicht der gegeneinander streitenden Grundrechte abhängig ist. Entscheidend ist die Eingriffsintensität insbesondere auch mit dem Blick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme.[6] Die Zusammenführung von Daten der Finanzbehörden hat eine geringere Eingriffsqualität, als die Datenbeschaffung etwa durch Auskunftsersuchen oder die Fertigung von Kontrollmitteilungen, die in die Sphäre der Stpfl. eingreifen.[7] § 88b AO hat für diese länderübergreifenden Datenzusammenführungen losgelöst vom Einzelfall eine Rechtsgrundlage geschaffen.

 

Rz. 32

Dass hinsichtlich des grundsätzlich zur Verfügung stehenden Datenumfangs keine Eingrenzungen von Seiten des Gesetzgebers vorgenommen wurden, führt nicht zu einer unakzeptablen Normweite. Typischerweise ist es dem Gesetzgeber gar nicht möglich, abstrakt zu bestimmen, welche der den Finanzbehörden vorliegenden Daten für den jeweils auch verfahrensbezogenen Normzweck genutzt oder verknüpft werden müssen. Dies lässt sich nur einzelfall- oder zielvorgabenbezogen bestimmen. Das Gewicht ist deshalb weniger auf den Umfang der grundsätzlich möglichen Datenzugriffe, sondern vielmehr auf die tatsächliche zweckbezogene Auswahl, also die Zugriffsbestimmung und deren Eignung und Erforderlichkeit für den Verwendungszweck zu legen. Für die Bestimmtheit der Norm kann dabei nur entscheidend sein, dass sich die Nutzungsfestlegung im Rahmen der Aufgabenausführung jeweils ausschließlich auf solche Daten bezieht, die für die Auswertungszwecke nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich sind und deren Nutzung jenseits einer "Ermittlung ins Blaue" auch i. e. S. verhältnismäßig ist. Die Normbegrenzung ergibt sich also auch für die Datennutzung/-auswahl aus dem verfassungsmäßigen Verhältnismäßigkeitsprinzip.

[3] Niewerth, in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, § 88b AO Rz. 2; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 88b AO Rz. 2 und 4.
[5] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 85 AO Rz. 35.
[7] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 85 Rz. 35 m. w. N.

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