Leitsatz

Eine strafbefreiende Erklärung i.S.d. § 3 StraBEG führt nicht zum Erlöschen des Steueranspruchs, wenn zu Unrecht abgezogene Werbungskosten oder Betriebsausgaben in der Erklärung fälschlich als nicht erklärte "Betriebs- und Zinseinnahmen" dargestellt werden und damit eine Besteuerung i.H.v. 60 % der (fehlerhaft als Einnahmen) nacherklärten Beträge (statt einer Besteuerung von 100 % bei richtiger Erklärung als fingierte Ausgaben) erreicht werden soll.

 

Normenkette

§ 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 StraBEG, § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO

 

Sachverhalt

Ein Unternehmensberater hatte zu Unrecht Betriebsausgaben für Beratungshonorare einer liechtensteinischen Firma gebucht. Diese Firma hatte keinerlei Leistungen erbracht, sondern lediglich den fingierten Betriebsausgabenabzug eröffnen sollen. Ferner waren zu Unrecht Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen worden. Diese zu Unrecht abgezogenen Ausgaben waren in einer eingereichten strafbefreienden Erklärung nach § 3 StraBEG als nicht erfasste Einnahmen, nämlich als "Liechtenstein Darlehenszinsen" sowie als "nicht erklärte Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit, Beratungshonorare" bezeichnet.

Nachdem dieser Sachverhalt bei einer Außenprüfung zutage getreten war, hob das FA die strafbefreiende Erklärung auf und erließ einen auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützten geänderten ESt-Bescheid. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage blieb erfolglos (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.5.2008, 5 K 2482/05, Haufe-Index 2011473, EFG 2008, 1411).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Die Kläger hätten den "Lebenssachverhalt unrichtiger Abzug von Erwerbsaufwendungen", die zu 100 % hätten nachversteuert werden müssen, mit der Angabe "Darlehenszinsen und Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit" unzutreffend und irreführend spezifiziert. Ihr Einwand, insoweit liege allenfalls eine unschädliche und von Amts wegen zu korrigierende "falsa demonstratio" (Falschbezeichnung) vor, greife nicht durch.

 

Hinweis

1. Die mit dem StraBEG beabsichtigte Steueramnestie sollte bekanntlich für die Steuerpflichtigen eine "Brücke in die Steuerehrlichkeit" schaffen. Der deutsche Steuergesetzgeber hat dafür einen anderen Weg gewählt als etwa der italienische Gesetzgeber, der bei Steueramnestien grundsätzlich eine anonyme Einzahlung von Geldbeträgen am Bankschalter zulässt. Der deutsche Steuergesetzgeber will, bevor er den Steuerpflichtigen die Brücke in die Steuerehrlichkeit betreten lässt, genau wissen, welche steuerrelevanten Angaben unzutreffend waren.

2. Leider sind die Vorschriften des StraBEG – wie viele andere Vorschriften des Steuerrechts – so verworren konzipiert, dass sich ihr Inhalt nicht ohne Weiteres erschließt und der Text für den Rechtsanwender einige Fehlerquellen – aber auch vermeintliche Ansatzpunkte für Gestaltungsversuche – bereithält:

a) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StraBEG setzt die erlöschende Wirkung einer strafbefreienden Erklärung i.S.d. § 3 StraBEG voraus, dass nach dem ersten Abschnitt des StraBEG Straf- oder Bußgeldfreiheit eintritt. Dies ist nach § 1 Abs. 1 StraBEG u.a. der Fall, wenn der Steuerpflichtige zu einer Steuerverkürzung führende unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen korrigiert, die aufgrund der fehlerhaften Angaben zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen gegenüber der Finanzbehörde erklärt (strafbefreiende Erklärung) und innerhalb von zehn Tagen nach Abgabe der Erklärung, spätestens aber bis zum 31.12.2004 25 % der Summe der erklärten Beträge entrichtet. Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 StraBEG sind die erklärten Einnahmen nach Kalenderjahren und zugrunde liegenden Lebenssachverhalten zu spezifizieren. Allein die Angabe der verkürzten Einnahmen reicht daher nicht aus.
b) Vielmehr ist es zumindest erforderlich, die Einnahmen bestimmten Lebenssachverhalten zuzuordnen. Dies wird dadurch erschwert, dass das StraBEG mit zwei unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffs der "Einnahmen" arbeitet: In § 1 Abs. 1 StraBEG umfasst der Begriff der "Einnahmen" auch die zu Unrecht abgezogenen Ausgaben. Dass dies so ist, erschließt sich erst durch die Fiktion in § 1 Abs. 2 StraBEG: Nach § 1 Abs. 2 StraBEG werden bei der Verkürzung von ESt sämtliche zu Unrecht berücksichtigten Ausgaben als "Einnahmen" i.S.v. Abs. 1 der Vorschrift fingiert. Nicht berücksichtigte steuerpflichtige Einnahmen werden jedoch nur zu 60 % als "Einnahmen" erfasst. Deshalb erfordert die Spezifizierung gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 StraBEG auch die Angabe, ob die in der strafbefreienden Erklärung aufgelisteten "Einnahmen" i.S.v. § 1 Abs. 1 StraBEGbisher nicht berücksichtigte steuerpflichtige Einnahmen oder zu Unrecht berücksichtigte Ausgaben sind.
c) Aus der verwirrenden Gesetzesterminologie ergibt sich für findige Geister ein "Gestaltungsanreiz": Wenn es gelingt, den Sachverhalt so nebulös darzustellen, dass zu Unrecht abgezogenen Ausgaben als nicht erfasste Einnahmen erscheinen, kann ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender zusätzlic...

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