Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG zu treffenden Ermessensentscheidungen über die Bezugsberechtigung kann auch berücksichtigt werden, bei welchem Berechtigten das Kindergeld in weiterem Umfang den Kindern selbst zugute kommt.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2 S. 3; FamFG § 231 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Öhringen (Beschluss vom 16.10.2009; Aktenzeichen 6 F 531/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Öhringen vom 16.10.2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Bestimmung des Berechtigten auf die Zeit ab 1.8.2009 bezieht.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

3. Der Verfahrenswert für den ersten Rechtszug wird in Abänderung des Beschlusses des AG Öhringen vom 16.10.2009 auf 300 EUR festgesetzt.

Beschwerdewert: 300 EUR.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG ist das seit 1.9.2009 geltende Recht anzuwenden, da das Verfahren nach diesem Stichtag eingeleitet wurde.

Das Verfahren betrifft die Berechtigung zum Bezug des Kindergeldes für die minderjährigen Kinder N., S. und B., die sich im gemeinsamen Haushalt ihrer Eltern, der Antragstellerin und des Antragsgegners, aufhalten.

Es kann offen bleiben, ob die Eltern sich ursprünglich darauf geeinigt hatten, dass das Kindergeld an die Antragstellerin ausbezahlt werden soll. Indem der Antragsgegner ggü. der Familienkasse beantragt hat, das Kindergeld an ihn auszuzahlen, hat er eine entsprechende Bestimmung widerrufen. Auch ein einseitiger Widerruf ist rechtlich zulässig (Herrmann/Heuer/Raupach - Bergkemper, EStG-Kommentar, § 84 EStG Rz. 10). Die Familienkasse hat mit Bescheid vom 13.8.2009 die Bezugsberechtigung des Antragsgegners mit Wirkung ab 1.8.2009 aufgehoben.

Somit ist nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG auf Antrag der Antragstellerin über die Bezugsberechtigung ab diesem Zeitpunkt zu entscheiden. Das Verfahren ist eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. § 231 Abs. 2 FamFG).

Die Bestimmung des Berechtigten liegt im Ermessen des Gerichts (OLG München FamRZ 2006, 1567; OLG Stuttgart FamRZ 2009, 155, 156). Bei der Ermessensausübung sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Insbesondere kann nicht allein darauf abgestellt werden, welcher Elternteil in höherem Maße zum Familienunterhalt beiträgt. Die Regelung des § 64 Abs. 3 Satz 2 EStG, wonach die Höhe der gezahlten Unterhaltsrente maßgeblich ist, betrifft den Fall, dass das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen ist, und enthält keine Vorgabe für den Fall, dass das Kind im gemeinsamen Haushalt der Eltern lebt (OLG München FamRZ 2006, 1567).

Bei der Ausübung des Ermessens kann grundsätzlich auch der Gesichtspunkt, wer in höherem Maße für den Unterhalt aufkommt, berücksichtigt werden (vgl. hierzu auch OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2004, 62, 63). Vorliegend dürfte dies in objektiver Hinsicht der Antragsgegner sein, da er, wie in der Beschwerdebegründung ausgeführt, die laufenden Kosten für die Familie trägt, besondere Anschaffungen übernimmt und der Antragstellerin zudem wöchentlich einen festen Betrag von 300 EUR zur Führung des Haushalts zur Verfügung stellt. Jedoch ist dieser Aspekt im vorliegenden Fall nicht ausschlaggebend.

Entscheidend ist vielmehr, dass die Antragstellerin, die unwidersprochen nach dem Entzug der Kontovollmacht nicht auf das Konto des Antragsgegners zugreifen kann, von diesem zur Bestreitung der alltäglichen Ausgaben, auch für die Kinder, einen Festbetrag zugewiesen erhält. Bezieht sie das Kindergeld, können damit, zusätzlich zu dem festen Betrag von wöchentlich 300 EUR, die Bedürfnisse der Kinder gedeckt werden; das Kindergeld kommt ihnen daher direkt zugute. Würde hingegen der Antragsgegner das Kindergeld beziehen, wäre dies nicht der Fall. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsgegner in diesem Fall in gleichem Umfang höhere Leistungen für die Antragstellerin und die Kinder erbringen würde; würde er dies tun, wäre sein Beharren auf eine Auszahlung des Kindergeldes auf sein eigenes Konto auch nicht verständlich.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach Auskunft der Familienkasse Tauberbischofsheim das Kindergeld für die drei gemeinsamen Kinder (bis 31.12.2009 insgesamt 498 EUR monatlich) seit einschließlich August 2009 an die Antragstellerin ausbezahlt wurde. Es wäre nicht sachgerecht, wenn die Antragstellerin die Beträge an die Familienkasse zurückerstatten müsste und der Antragsgegner für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum Geld erhalten würde, in dem der Unterhalt für die Kinder bereits aufgebracht worden ist (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2009, 155, 156).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände erweist sich die durch das Familiengericht getroffene Bestimmung der Antragstellerin als Bezugsberechtigte als zutreffend. Die Maßgabe, dass sich die Bestimmung des Berechtigten auf die Zeit ab 1.8.2009 bezieht, dient der Klarstellung.

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