Entscheidungsstichwort (Thema)

Kriterium für die Bestimmung der Bezugsberechtigung des staatlichen Kindergeldes

 

Leitsatz (amtlich)

Das VormG hat seine Entscheidung, wen es zum Bezugsberechtigten des Kindergeldes erklärt, nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Hierbei hat es entscheidend das Kindeswohl zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 16.03.2005; Aktenzeichen 13 T 1826/05)

AG München (Aktenzeichen 722-XVII 00310/02)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 16.3.2005 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 3) hat die im Verfahren der weiteren Beschwerde angefallenen notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 2) zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.134,80 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die seit Juni 1999 getrennt lebenden Eltern des am 4.10.1988 geborenen Beteiligten zu 1). Ihre Ehe wurde am 27.9.2001 geschieden. Der Beteiligte zu 1) besuchte von September 2000 bis Ende Juli 2003 ein Internat in N. Die Heimfahrtswochenenden verbrachte er abwechselnd zu gleichen Anteilen bei den Beteiligten zu 2) und 3). Seit August 2003 wohnt er im Wesentlichen bei der Beteiligten zu 2) und besucht seit September 2003 ein Gymnasium in M.

Da sich die Beteiligten zu 2) und 3) über die Kindergeldbezugsberechtigung nicht einigen konnten, bestimmte das AG am 22.9.2004 auf Antrag des Beteiligten zu 3) diesen zum Berechtigten zum Empfang des Kindergeldes. Als Begründung führte es aus, dass dieser mehr Leistungen für das Kind erbrachte. Auf Beschwerde der Beteiligten zu 2) änderte das LG den Beschluss am 16.3.2005 dahingehend ab, dass diese für den Zeitraum von September 2000 bis Ende Juli 2003 bezugsberechtigt sei.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3).

II. Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet

1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Die Bezugberechtigung für das Kindergeld bestimme sich nach dem Obhutprinzip, weshalb derjenige bezugsberechtigt sei, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe und dadurch am meisten durch den Kindesunterhalt belastet sei. Obhut bedeute Betreuung, Erziehung und Versorgung im Haushalt des Berechtigten. Werde die Obhut im Haushalt mehrerer und zwar gleichartiger Berechtigter, nämlich von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern gewährt und bestimmten diese untereinander keinen Alleinberechtigten, so habe das VormG auf Antrag diese Bestimmung nach den Grundsätzen des Kindeswohles zu treffen. Unter Berücksichtigung des Kindeswohles sei das Kindergeld demjenigen zu gewähren, der tatsächlich für das Kind sorge und nach seiner Person die beste Gewähr dafür biete, dass er das Kindergeld auch zum Wohle des Kindes verwende. Das Kindergeld solle eine Hilfe für denjenigen sein, der die Kinder aufziehe und damit die Lasten des Unterhalts und der Erziehung trage. Am meisten durch den Kindesunterhalt belastet sei nicht zwangsläufig derjenige, der materiell den größeren Beitrag hierfür aufwende. Dies könne allerdings Entscheidungskriterium sein, wenn weitere Kriterien nicht ersichtlich seien. Nach Ansicht der Kammer könne die Frage, wer die Lasten des Unterhalts und der Erziehung der Kinder trage, jedoch nicht aufgrund eines isolierten Zeitraums von knapp drei Jahren beurteilt werden. Da der Beteiligte zu 1) seit August 2003 wieder bei der Beteiligten zu 2) wohne und nur alle zwei Wochen von Donnerstag Nachmittag bis Montag Morgen bei dem Beteiligten zu 3) lebe, ergebe die gebotene Gesamtbetrachtung, dass es die Beteiligte zu 2) sei, die das Kind aufziehe. Zu beachten sei auch, dass eine Kindergeldzuweisung in dem relevanten Zeitraum an den Antragsteller eine Rückforderung der Familienkasse größeren Umfangs von der Antragsgegnerin zur Folge habe. Eine solche Rückforderung von der Beteiligten zu 2), in deren Haushalt das Kind inzwischen wieder wohnt, würde möglicherweise dessen Wohl widersprechen. Im Sinne einer Kontinuität sei deshalb für eine Bestimmung der Beteiligten zu 2) als Kindergeldberechtigten zu entscheiden.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Zu Recht und von keinem Beteiligten beanstandet ist das LG davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 1) sowohl im Haushalt der Beteiligten zu 2) als auch des Beteiligten zu 3) im Zeitraum von September 2002 bis Ende Juli 2003 aufgenommen war und eine übereinstimmende Bestimmung der Bezugsberechtigung nicht vorlag. Damit waren die Voraussetzungen für eine Bestimmung durch das VormG nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG gegeben.

b) Die genannte Vorschrift enthält keine Vorgaben, nach welchen Grundsätzen das VormG die Bezugberechtigungsbestimmung zu treffen hat. Es ist daher in seiner Entscheidung frei (Herrmann/Bergkemper, Kommentar zur Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer, Stand August 2002, § 64 Rz. 11 EStG). Dies bedeutet, dass die Bestimmung nach pflichtg...

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