Leitsatz (amtlich)

Der ohne Weiterverbreitungsabsicht bei einem ausländischen Versand bestellende inländische Endverbraucher pornographischer Schriften macht sich nicht als "Einführer" im Sinn des § 184 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB strafbar.

 

Tenor

Die Revision wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat den Angeklagten am 30. August 1999 vom Vorwurf der Einfuhr pornographischer Schriften im Wege des Versandhandels (§ 184 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StGB) aus rechtlichen Gründen freigesprochen.

Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte - zulässige - Sprungrevision der Staatsanwaltschaft, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist, ist unbegründet.

Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen bestellte der Angeklagte am 4. Januar 1996 gegen Vorkasse bei der Firma "Wantex" in den Niederlanden zwei Videofilme "einfach"pornographischen Inhalts auf dem Versandwege. Da die Bestellung allein für den Angeklagten selbst als "Endverbraucher" bestimmt gewesen ist, hat das Amtsgericht den Tatbestand des § 184 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StGB nicht als erfüllt angesehen. Es stützt seine Auffassung auf den gesetzgeberischen Willen, der allein die Tätigkeiten des Versandhändlers, nicht aber diejenigen des Endverbrauchers strafrechtlich erfassen wollte.

Demgegenüber vertritt die Staatsanwaltschaft mit der Revision die Ansicht, der Angeklagte habe es durch seine Bestellung unternommen, einen konkreten ins Inland gehenden Versandhandelsvorgang ins Werk zu setzen. Denn nicht nur der ausländische Versandhändler, sondern auch der bestellende inländische Emp- fänger führten im Sinne des Versandhandels ein, seien also beide gemäß § 184 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StGB strafbar. Diese Auslegung der betreffenden Vorschrift sei nicht nur von ihrem Wortlaut gedeckt; ihr stehe auch der gesetzgeberische Zweck. der durch die Abschnittsüberschrift "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" bestimmt sei, nicht entgegen. Dieser Auffassung vermag sich aber der Senat nicht anzuschließen.

Der Revision ist zwar darin beizupflichten, dass die von ihr vertretene Auslegung dem Wortlaut des Gesetzes nicht widerspricht. Denn "einführen" können nach allgemeinem Sprachge- brauch sowohl der ausländische Lieferant als auch der inländi- sche Besteller. Nicht von ungefähr vertritt deshalb auch Tröndle, StGB, 44: Aufl. , § 184 Rdnr. 21 die Meinung, beide seien Einführer im Sinne der genannten Vorschrift (anderer Ansicht: Laufhütte in LK, 11. Aufl. , § 184 StGB Rdnr. 33; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl. , § 184 Rdnr. 16; SK-Horn, StGB, § 184 Rdnr. 31; Maurach-Schröder, StGB-BT, § 23, Seite 16). Soweit sich allerdings hierbei Tröndle auf die Entscheidung des OLG Bremen, NJW 1972, 1678 (1680) stützt, überzeugt dies nicht. Denn diese betraf noch einen Fall des § 184 Abs. 1 S. 1 Nr. l a StGB alter Fassung, wonach sich unter anderem strafbar gemacht hat, wer vorsätzlich unzüchtige Schriften in den räumlichen Geltungsbereich des Strafgesetzes zum Zwecke der Weiterverbreitung - was hier nicht der Fall ist - eingeführt hatte.

Nach der Neufassung des § 184 StGB durch das am 27. November 1973 verkündete 4. StrRG kann aber allein an einer am Wortlaut orientierten Auslegung des hier in Rede stehenden § 184 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StGB nicht mehr festgehalten werden. Denn die in § 23 Abs. 1 S. 2 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) enthaltende Begriffsbestimmung des Einführers, wonach letzterer nur der inlandsansässige Vertragspartner ist, ist nur für den Außenwirtschaftsverkehr, nicht aber für den § 184 StGB maßgebend. Denn die AWV stellt für dieses Sonderrechtsgebiet allein eine Begriffsdefinition deswegen auf, um einerseits die Verantwortlichkeiten für die Einhaltung der außenwirtschaftlichen Vorschriften sachgerecht abzugrenzen (vgl. LG Bayreuth, NJW 1970, 574 ff. ) und andererseits inländische Verantwortlichkeiten auch für ausländisches Handeln zu schaffen. Nur dies entspricht dem sich aus § 7 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) ergebenden Gesetzeszweck, dem Staat die Möglichkeit zu verschaffen, den Außenwirtschaftsverkehr mit Waren (u. a. Waffen und Kriegsgerät) aus übergeordneten außenpolitischen Gründen im Interesse des Gemeinwohls zu kontrollieren (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1987, Seite 565). Die damit einhergehende notwendige Beschränkung des freien Warenverkehrs mittels Anzeige- und Meldepflichten oder durch ein vorheriges Genehmigungsverfahren lässt sich bei grenzüberschreitendem Warenverkehr nämlich nur bei inländischen Verantwortlichkeiten verwirklichen. Demgegenüber dient § 184 Abs. 1 StGB nur dem Jugendschutz und dem Schutz vor ungewolltem Kontakt mit einfacher Pornographie (vgl. dazu Laufhütte, JZ 1974, Seite 64 mit zahlreichen Nachweisen aus dem Gesetzgebungsverfahren). Deshalb ist hier die Begriffsbestimmung der Außenwirtschaftsverordnung wegen des anders gelagerten Gesetzeszweckes nicht übertragbar.

Vielmehr ergibt sich nach der Auffassung des ...

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