Entscheidungsstichwort (Thema)

Arrest. Insolvenzverfahren. Eröffnung. Straftat. Veräußerungsverbot. Absonderungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Das Insolvenzverfahren verdrängt die Einzelvollstreckung und damit auch den dinglichen Arrest zugunsten Ansprüche Verletzter einer Straftat. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners führt zwar dann nicht zur Aufhebung des Arrestes, wenn der Gläubiger bereits vor Beginn des in § 88 InsO bezeichneten Monatszeitraumes durch dessen Vollzug Sicherheiten erlangt hat, für die ihm ein Absonderungsrecht nach § 50 InsO zusteht, dafür müssten jedoch alle Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung v o r Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt gewesen sein.

 

Normenkette

InsO §§ 50, 88-89; StPO § 111g

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Entscheidung vom 22.12.2008; Aktenzeichen 6 KLs 1160 Js 26113/05)

AG Wiesbaden (Entscheidung vom 02.11.2006; Aktenzeichen 70 Gs - 1130 Js 26113/05)

 

Tenor

  • 1.

    Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

  • 2.

    Der Arrestbeschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 02.11.2006 und der Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 02.11.2006 werden aufgehoben.

  • 3.

    Die Akteneinsichtsgesuche der Cxxx GmbH vom 27.04.2009 und 11.05.2009 werden zurückgewiesen.

  • 4.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin fallen der Staatskasse zur Last (§ 467 Abs. 1 StPO entsprechend).

 

Gründe

I.

Gegen den Angeklagten und einem weiteren Angeklagten wurde vor der Wirtschaftstrafkammer des Landgerichts Wiesbaden wegen Untreue in 86 Fällen verhandelt. Hinsichtlich des zugrundeliegenden Sachverhalts wird auf die Anklageschrift vom 17.7.2007 in Verbindung mit dem Eröffnungsbeschluss vom 15.11.2007 Bezug genommen. Das mittlerweile ergangene Urteil ist nicht rechtskräftig.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 02.11.2006 (70 Gs - 1130 Js 26113/05) ist zur Sicherung der den Verletzten aus den Straftaten erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche als Wertersatz ein Arrest in das Vermögen der Oxxx GmbH in Höhe von 1.212.084,00 Euro angeordnet worden. In Vollziehung dieses Arrestes wurden mit Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 02.11.2006 die Forderungen der Oxxx GmbH gegen Xxxx Bank AG in Wiesbaden bis zu einer Höhe von 1.212.084,00 Euro gepfändet.

Über das Vermögen der Firma Oxxx ist rach Antrag vom 07.02.2007 am 25.06.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Sxxx zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

Die Cxxx hat gegen die Oxxx GmbH im Arrestverfahren durch Beschluss des Oberlandesgericht Frankfurt/M vom 2.2.2007 wegen einer Forderung in Höhe von 300.000,00 Euro nebst Zinsen und einer Kostenpauschale von 2.000,00 Euro den dinglichen Arrest in das gesamte Vermögen der Oxxx GmbH erwirkt (Az.: 3 W 3/07). Der Beschluss wurde der Oxxx am 09.02.2007 zugestellt. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Titels wurden nicht vorgenommen. Am 13.02.2007 stellte die Cxxx einen Antrag auf vorrangige Befriedigung nach § 111g StPO, über den nicht mehr entschieden wurde.

Den Antrag des Insolvenzverwalters der Firma ?xxx GmbH auf Aufhebung des dinglichen Arrestes in das Vermögen der Insolvenzschuldnerin sowie die Aufhebung des in Vollzug des Arrestes vorgenommenen Forderungspfändungen in die Gesellschaftskonten bei der Xxxx Bank in Wiesbaden hat das Landgericht Wiesbaden durch Beschluss vom 15.12.2008 zurückgewiesen.

Zur Begründung führte es unter anderem aus, dass der Staat bereits ein nach § 88 InsO wirksames Absonderungsrecht erlangt habe. Dies sei durch die am 8.11.2006 erfolgte Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Oxxx GmbH bewirkt.

Dagegen richtet sich die vom Beschwerdeführer als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Oxxx eingelegte Beschwerde.

Das Landgericht hat am 22.12.2008 der Beschwerde gegen den Kammerbeschluss vom 15.12.2008 nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zur Aufhebung der Arrest- und Pfändungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wiesbaden vom 2.11.2006.

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nach § 89 Abs. 1 InsO eine Einzelzwangsvollstreckung durch die Verletzten - also auch durch die Cxxx nicht mehr möglich, da weder die Oxxx ???? ein anderer Verletzter ein Absonderungsrecht nach § 50 InsO erlangt hat.

1.

Nach § 89 Abs. 1 InsO sind Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig. Es gilt das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung nach Verfahrenseröffnung (vgl. Meyer-Goßner, 51. Aufl., 3 111c Rdn.: 12a; Greier, ZInsO 2007, 956; Malitz, NStZ 2002, 3411; Breuer in Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 89 Rdn. 1). Das Insolvenzverfahren als Gesamtvollstreckung verdrängt die Einzelvollstreckung und damit auch den dinglichen Arrest zugunsten Ansprüche Verletzter einer Straftat (vgl.: Breuer a.a.O. § 89 Rdn. 5, 6, 13; Hess in InsO 2007, Bd. 1, § 89 Rdn. 1, 8; KG...

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