Leitsatz (amtlich)

Persönliche Daten, die Kunden über die Homepage eines Unternehmens eingeben, um sich für den Bezug eines elektronischen Newsletters dieses Unternehmens an- oder abzumelden, sind im Falle der Insolvenz des technischen Dienstleisters, der den Versand des Newsletters abgewickelt hatte, gem. §§ 667 Alt. 1, 675 BGB i.V.m. § 47 InsO von dem Insolvenzverwalter auszusondern und an das Unternehmen herauszugeben.

 

Normenkette

BGB §§ 667, 675; InsO § 47

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 17.10.2011; Aktenzeichen 14e O 219/10)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 17.10.2011 verkündete Urteil der 14e Zivilkammer des LG Düsseldorf wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das landgerichtliche Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. EUR 90.000 abzuwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist am 1.7.2010 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden, die aufgrund des Werbeagenturvertrags vom 6.8.2009 für die Klägerinnen mit Druck- und Verlagsgeschäften sowie mit Dienstleistungen im Bereich der Werbung, Kommunikation und Medien befasst gewesen ist. Die Klägerin zu 1) ist die Einkaufsgesellschaft der Unternehmensgruppe B., die Klägerinnen zu 2) bis 36) sind die regionalen Vertriebsgesellschaften dieser Unternehmensgruppe. Sie begehren von dem Beklagten die Herausgabe von Kunden-E-Mail-Adressen, welche sie der Insolvenzschuldnerin für die Versendung von den Newslettern überlassen haben, mit denen die Klägerinnen mindestens zweimal wöchentlich ihr Verkaufssortiment bewerben.

Nachdem dem Beklagten durch das Urteil des LG Düsseldorf vom 3.8.2010 (35 O 66/10) im Wege der einstweiligen Verfügung auferlegt worden war, die vorgenannten E-Mail-Adressen mit dem Stand der An- und Abmeldungen zum 1.7.2010 herauszugeben, hat er unter dem 21.9.2010 den Antrag gestellt, den Klägerinnen eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen und am 5.10.2010 diesen eine CD mit den streitgegenständlichen Daten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt übergeben, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Daraufhin haben die Klägerinnen am 4.11.2010 beim LG die Klage in der Hauptsache eingereicht.

Zunächst wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen landgerichtlichen Urteils Bezug genommen, als diese den vom Senat getroffenen Feststellungen nicht widersprechen. Ergänzend wird bemerkt:

§ 6 Nr. 1 des am 6.8.2009 geschlossenen Werbeagenturvertrages, auf dessen Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird (Anlage K1), lautet wie folgt:

"VVA [= Schuldnerin] überträgt an B. [=Klägerinnen] zur alleinigen Nutzung alle Rechte zur Veröffentlichung und Verwertung der unter diesem Vertrag von ihr erarbeiteten Leistungen einschließlich aller denkbaren Rechtspositionen an Ideen, Entwürfen und Gestaltungen. Diese Übertragung ist zeitlich, räumlich, nach Verwendungszweck und in jeder sonstigen Weise unbeschränkt. Sie schließt das Recht zur Änderung und Weiterübertragung an dritte Unternehmen ein ..."

In erster Instanz ist unstreitig gewesen, dass die Homepage "www.B.de" von den Klägerinnen betrieben wird (Klageerwiderung, S. 4 und Schriftsatz der Klägerinnen vom 18.4.2011, S. 2 ff.; vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6.6.2011 sowie Schriftsatz des Beklagten vom 6.6.2011). Im Impressum dieser Homepage wird unter der Überschrift "Information nach § 5 TMG" nur auf die Klägerin zu 1) hingewiesen. Unter der weiteren Überschrift "E-Mail/Kontakt" findet sich die folgende Information (Anlage TW7):

"Wenn Sie uns über das Kontaktformular eine Nachricht zukommen lassen, können wir Ihre Anfrage umgehend an die für Ihren Wohnort zuständige B. Gesellschaft weiterleiten ..."

Unter der Web-Adresse "www.B./B._B._newsletter_16html" wird nicht nur das An-, sondern auch das Abmeldeformular für den Newslettter bereit gehalten (Anlage TW8).

Die Klägerinnen hatten bis zur Beendigung des Werbeagenturvertrags vom 6.8.2009 mittels eines Web-Interface Zugriff auf den Server der Schuldnerin, um u.a. einzelne An- und Abmeldungen von Abonnenten selbst vorzunehmen (Bl. 148 GA).

Das LG hat mit der angefochtenen Entscheidung der Klage stattgegeben. Die Klage sei zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerinnen sei gegeben, da der Übergabe der herausverlangten Daten am 5.10.2010 keine Erfüllungswirkung zukomme, da der Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, geleistet habe. Auch sei der Herausgabeantrag hinreichend konkret gefasst, wie nicht zuletzt die Übergabe der gewünschten Datensätze am 5.10.2010 belege. Die Klage sei auch begründet, da den Klägerinnen hinsichtlich der streitgegenständlichen Daten ein zur Aussonderung berechtigender Herausgabeanspruch gem. §§ 667 Alt. 1, 675 BGB zustehe. Der von den Parteie...

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