vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 2/13)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertrauensschutz bei Rechtsprechungsänderung: Zu den Auswirkungen einer Rechtsprechungsänderung zum Vorsteuerabzug bei unrichtigem Umsatzsteuerausweis durch das BFH-Urteil v. 2.4.1998 - V R 34/97 (BStBl II 1998, 695)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Steht der Änderung eines Umsatzsteuerbescheids wegen der Rechtsprechungsänderung zum Vorsteuerabzug bei unrichtigem Steuerausweis durch das BFH-Urteil vom 2. April 1998 - V R 34/97 - § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO entgegen, ist der Steuerpflichtige so zu behandeln, wie er ohne die Rechtsprechungsänderung gestanden hätte.
  2. Berichtigt der Leistende seine Rechnung mit dem unrichtigen Umsatzsteuerausweis, ist der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers zu berichtigen, wenn im Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung die Änderung des Umsatzsteuerbescheids möglich gewesen wäre. Der Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung ist insoweit unmaßgeblich.
 

Normenkette

AO § 176; UStG § 14 Abs. 2, §§ 14c, 17 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.03.2016; Aktenzeichen V R 16/15)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die in den Kalenderjahren 1993 bis 1997 abgezogenen Vorsteuerbeträge im Veranlagungszeitraum 2004 nach § 14 c Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) zurückzufordern sind.

Die Klägerin betreibt ein Großhandelsunternehmen „Pressevertrieb” in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG). Sie ist Rechtsnachfolgerin der Einkaufs und Vertriebs-gesellschaft X GmbH & Co. KG. In den Jahren 1993 bis 1997 bezog die Klägerin von der A-GmbH Zeitschriften, denen jeweils eine CD ROM beigefügt war. Die Lieferungen der Zeitschriften, denen CD's beigefügt waren, wurden von der A-GmbH zum Regelsteuersatz abgerechnet. Die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer zog die Klägerin in den Jahren 1993 bis 1997 als Vorsteuer ab. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) stimmte dem zu. Die Bekanntgabe der erstmaligen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1993 bis 1997 erfolgte vor dem 6. August 1998.

Im Rahmen einer bei der A-GmbH durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 1993 bis 1997 stellte die zuständige Finanzbehörde fest, dass die A-GmbH die Lieferungen der Zeitschriften mit CD's zu Unrecht mit dem vollen Steuersatz versteuert hatte. Vielmehr komme hier nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Nr. 49 der Anlage 2 zum UStG der ermäßigte Steuersatz von 7% zum Tragen.

Die A-GmbH erteilte der Klägerin daraufhin nach Abschluss der Außenprüfung im September 2004 berichtigte Rechnungen für die Jahre 1993 bis 1997 und legte darin den ermäßigten Umsatzsteuersatz zu Grunde. Aufgrund der Rechnungsberichtigungen der A-GmbHgegenüber der Klägerin bzw. der X GmbH & Co. KG, erließ das beklagte Finanzamt einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2004 und minderte die Vorsteuer nach § 14 c Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG um insgesamt 37.444,90 €. Eine Änderung der Vorsteuerbeträge für die Jahre 1993 bis 1997 unterblieb seitens des Finanzamts.

Hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1993 bis 1997 war zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung im September 2004 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten (mit Ablauf des 31.12.2002 war für das letzte fragliche Jahr 1997 Festsetzungsverjährung eingetreten).

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den das Finanzamt mit Einspruchsbescheid vom 23. Februar 2010 als unbegründet zurückwies.

Es verwies darin auf § 14 c Abs. 1 UStG: Berichtige der Unternehmer den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, sei § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden. Nach § 17 Abs. 1 Sätze 2 und 7 UStG habe die Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger für den Besteuerungszeitraum zu erfolgen, in dem der leistende Unternehmer eine Rechnung mit geändertem Steuerausweis erteilt habe. Im Übrigen verwies das Finanzamt auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahre 2007 (Aktenzeichen V R 27/05 und V R 3/06). Danach sei zu unterscheiden, ob der erstmalige Umsatzsteuerbescheid, in dem der Vorsteuerabzug erfolgt sei, vor oder nach Freigabe des BFH Urteils vom 2. April 1998 erlassen worden sei. Nach der bis zum Ergehen des BFH Urteils vom 2. April 1998 (V R 34/97, BStBl II 1998, 695) geltenden Rechtslage habe der Unternehmer die nach § 14 Abs. 2 UStG a. F. zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen dürfen. Diese Rechtslage habe sich mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2. April 1998 (a. a. O.) geändert. Dieses Urteil sei am 6. August 1998 zur Veröffentlichung freigegeben worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs komme dann wie die Klägerin zutreffend ausführe – eine Änderung des Vorsteuerabzugs nur nach Maßgabe der allgemeinen Änderungsvorschriften der §§ 172 ff. Abgabenordnung (AO) in Betracht. Eine derartige Änderung scheitere daran, dass die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1993 bis 1997 festsetzungsverjährt se...

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