Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Bestellung eines den minderjährigen Kindern schenkungsweise eingeräumten und jederzeit widerrufbaren Nießbrauchs
Leitsatz (redaktionell)
- Steuerbare Einkünfte werden nicht nach der Empfangszuständigkeit für die Einkünfte sondern nach der Herrschaft über die Erwerbsgrundlagen zugeordnet.
- Bei Bestellung eines den minderjährigen Kindern schenkungsweise eingeräumten und jederzeit widerrufbaren Nießbrauchs sind die Einkünfte aus VuV nicht den Kindern sondern dem Nießbrauchgeber zuzurechnen.
- Kann der Nießbrauchgeber den Nießbrauch jederzeit widerrufen, haben die Kinder keine gesicherte Rechtsposition, sodass ihnen die Einnahmen aus VuV nicht zuzurechnen sind.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
Der Kläger ist Eigentümer u.a. einer Eigentumswohnung in U... , S ... 9 und des Hausgrundstücks U... , R... S... 25. Mit notariellen Verträgen des Notars Dr. G... in U... vom 15. Juli 1993 räumte der Kläger, jeweils unter Mitwirkung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers, seinem am 30. Juni 1990 geborenen Sohn Stephan das lebenslängliche Nießbrauchsrecht an der zu der Zeit vermieteten Eigentumswohnung U... , S... 9 (Urkundenrollen-Nr. 256/93) und seinem am 11. Juni 1987 geborenen Sohn Christian das lebenslängliche Nießbrauchsrecht an dem zu der Zeit vermieteten Grundstück in U... , R... Straße 25 (Urkundenrollen-Nr. 255/93), ein. Die Nießbrauchsgewährungen erfolgten zum 1. Januar 1993 jeweils "mit dem Recht des Eigentümers, den Nießbrauch jederzeit zu widerrufen, so dass das Recht als auflösend bedingt durch den Widerruf bestellt wird und mit der Maßgabe, dass der Nießbrauch spätestens mit dem Tode des Eigentümers erlischt". Die laufenden Mietverträge wurden aufgrund der Nießbrauchsbestellungen entsprechend ergänzt. Die Mietzahlungen erfolgten mit Wirkung vom 1. Januar 1993 auf Sparbücher der nießbrauchsberechtigten Söhne des Klägers. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die notariellen Verträge und die Mietverträge verwiesen.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1995 rechnete der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der mit dem Nießbrauch belasteten Grundstücke dem Kläger zu und setzte die Einkommensteuer entsprechend fest. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Kläger meinen, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien den Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen und beantragen unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 25. April 1995 (Az.: IX R 41/92, BFH/NV 1996, 122) sinngemäß,
ihnen nicht die Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung für die Objekte in U... , M... , R... Straße 25, i.H.v. 10.200,00 DM und U... , V ... , S... 9, i.H.v. 7.380,00 DM als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, die Nießbrauchsbestellungen seien steuerrechtlich nicht anzuerkennen, da es durch den Widerrufsvorbehalt im Belieben des Klägers stehe, die Einkünfte aus der Vermietung der Grundstücke bei sich oder bei den Nießbrauchsberechtigten versteuern zu lassen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte verwiesen. Dem Gericht haben die Steuerakten zu Steuernummer 47/004/31503 vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der mit dem Nießbrauch belasteten Grundstücke zutreffend dem Kläger zugerechnet.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand dieser Einkunftsart erfüllt. Den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen. Er muss regelmäßig Vermieter oder Verpächter und damit Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag oder Pachtvertrag sein (vgl. Urteil vom 31. Oktober 1989 IX R 216/84, BFHE 159, 319, BStBl II 1992, 506, m.w.N.; Schmidt/Seeger, 18. Aufl. 1999, EStG § 2 Rz 48f m.w.N.). Denn die steuerbaren Einkünfte werden nicht nach der Empfangszuständigkeit für die Einkünfte, sondern nach der Herrschaft über die Erwerbsgrundlagen zugeordnet (h.M., Kirchhof § 2, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rdn. A 106, A 624)
Bestellen Eltern ihren minderjährigen Kindern den Nießbrauch an einem Grundstück, so können die Kinder den Tatbestand der Einkunftserzielung nur verwirklichen, wenn das Nutzungsverhältnis bürgerlich-rechtlich wirksam begründet worden ist und steuerrechtlich anerkannt wird. Die zivilrechtliche Wirks...