Leitsatz

Der Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage im Hinblick auf daraus resultierende Anschaffungskosten i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG muss nach 20 Jahren seit Eintragung der GmbH nicht zwingend allein durch den entsprechenden Zahlungsbeleg geführt werden. Vielmehr hat das FG alle Indizien im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1, 2 EStG, § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 FGO, § 147 AO

 

Sachverhalt

Unser K war seit 1986 qualifiziert an einer GmbH beteiligt und machte im Zuge der Liquidation dieser Gesellschaft einen Verlust aus dieser Beteiligung geltend, den das FA aber unberücksichtigt ließ, weil K nicht nachgewiesen habe, die Stammeinlage erbracht zu haben.

Das FG wies die Klage ab (FG Köln, Urteil vom 10.03.2010, 5 K 305/09, Haufe-Index 2469399, EFG 2010, 2085). Für den Nachweis sei i.d.R. ein Einzahlungsbeleg notwendig. Auch die Bilanzen (mit der Prüferbilanz) – Bilanzierung der ausstehenden Einlagen mit 0 DM – wie auch die Einzahlungsverpflichtung erbrächten keinen Nachweis.

 

Entscheidung

Der BFH hob diese Entscheidung auf und entschied in der Sache, indem er der Klage stattgab.

Bei der Bilanzierung der ausstehenden Einlage in der Bilanz der GmbH mit 0 DM wie auch bei der Einzahlungsverpflichtung handelt es sich um Indizien, die in die Gesamtwürdigung mit einfließen müssen. Stattdessen hatte das FG alle festgestellten Indizien je für sich, aber nicht insgesamt gewürdigt. Das FG hatte auch den langen Zeitablauf seit Gründung der GmbH nicht einbezogen.

War deshalb die Vorentscheidung aufzuheben, ging es nun darum, ob der BFH durchentscheiden konnte oder die Sache zurückverweisen musste. Er entschied durch und gab der Klage statt. Da das FG die Einzelindizien festgestellt hatte, konnte der BFH ausnahmsweise die Gesamtwürdigung selbst vornehmen. Als ergiebig wertete er den bilanziellen Ausweis der ausstehenden Einlage mit 0 DM und dessen Übernahme in die Prüferbilanz. Wenn das FA in der Prüferbilanz den Ausweis der der ausstehenden Einlagen mit 0 DM anerkannt hat, kann das FG dies anschließend nicht mit bloßem Bestreiten entkräften. Es handelt sich dann nur um ein Bestreiten ins Blaue hinein. Außerdem würdigte der BFH den langen Zeitablauf (als Grund dafür, dass kein Einzahlungsbeleg vorgelegt werden konnte).

 

Hinweis

Dies ist ein Urteil auf der Schnittstelle zwischen materiellem und formellem Recht, das die Beweisführung anhand von Indizien einmal exakt durchdekliniert.

Wenn K an einer GmbH qualifiziert i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG beteiligt ist und seine Beteiligung veräußert, so gehört die eingezahlte Stammeinlage selbstredend zu den Anschaffungskosten der Beteiligung (§ 255 Abs. 1 HGB). Wie jedoch, wenn das FA nach Jahr und Tag in Frage stellt, ob K die Einlage tatsächlich erbracht hat?

Einfach ist es natürlich, diese Tatsache unmittelbar z.B. durch Einzahlungsbelege nachzuweisen. Wie aber, wenn eine unmittelbare Beweisführung nicht möglich ist? Die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung (§ 3 Abs. 1 AO) erfordert grundsätzlich die reale Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale bzw. der ihnen entsprechenden Tatsachen. Ist eine unmittelbare Beweisführung nicht möglich, so muss das FG ggf. vorhandene Hilfstatsachen würdigen, die mittelbar – auch über Erfahrungssätze – einen Schluss auf eine entscheidungserhebliche Haupttatsache ermöglichen.

Dabei deuten einzelne Indizien lediglich mit mehr oder weniger hoher oder schwacher Wahrscheinlichkeit auf einen bestimmten Geschehensablauf hin, sodass sie immer nur Teil einer umfassenden Beweiswürdigung sein können. Erst die Gesamtwürdigung mehrerer, für sich allein genommen nicht ausreichender Beweisanzeichen, kann zur vollen Überzeugung vom Nicht-Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Tatbestandsmerkmals führen und bindet dann auch das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.02.2011 – IX R 44/10

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