Rn. 111

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

§ 6b EStG gewährt dem StPfl die Möglichkeit der Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs 3 EStG im Wj der Veräußerung. Diese Rücklage ist steuerwirksam und mindert den steuerlichen Gewinn. Eine tatsächliche Reinvestitionsabsicht ist nicht Voraussetzung für ihre Bildung. Sollte der StPfl innerhalb der sog Reinvestitionsfrist ein Ersatz-WG anschaffen oder herstellen, kann bis zur Höhe dieser Rücklage ein Abzug von AK oder HK der begünstigten Reinvestitionsobjekte vorgenommen werden. In gleicher Höhe ist die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen.

 

Beispiel: Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs 3 EStG und Abzug von AK/HK bei Reinvestition

Der StPfl A veräußert im Wj 01 ein Grundstück mit einem Veräußerungsgewinn von 100 000 EUR. Eine Ersatzanschaffung ist in naher Zukunft geplant, jedoch noch nicht erfolgt. Der StPfl bildet eine Rücklage iHv 100 000 EUR.

Im Wj 03 schafft der StPfl ein Grundstück zu AK von 500 000 EUR an.

In Höhe der gebildeten Rücklage ist ein Abzug von den AK möglich, zugleich ist die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen. Eine Besteuerung des realisierten Gewinns erfolgt damit nicht.

 

Rn. 112

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Die Reinvestitionsfrist beträgt 4 Jahre und verlängert sich nach § 6b Abs 3 S 3 EStG bei neu hergestellten Gebäuden auf 6 Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wj begonnen worden ist. Zu beachten ist, dass die Verlängerung ausschließlich bei Herstellung neuer Gebäude greift, nicht bei Erweiterungen, Umbauten und Ausbauten von Gebäuden. Zur Verlängerung der Frist aufgrund der "Corona-Krise" s Rn 14.

Nach Rspr des BFH ist der Herstellungsbeginn iSd Regelung anzunehmen, wenn das Investitionsvorhaben "ins Werk gesetzt" wird (BFH v 09.07.2019, X R 7/17, BStBl II 2020, 635). Dabei kann dieser Zeitpunkt vor den eigentlichen Bauarbeiten liegen.

Sicheres Indiz für den Beginn der Herstellung ist die Stellung des Bauantrags. Eine Ausnahme gilt, wenn das hergestellte Gebäude nicht mit dem genehmigten Gebäude übereinstimmt (vgl BFH BFH/NV 2012, 1121 Rz 21). Dabei betont der BFH aber, dass der Beginn nicht zwingend mit der Stellung des Bauantrags verbunden sein muss, auch andere Handlungen im Vorfeld können ausreichen, wobei die Einzelheiten bislang nicht endgültig höchstrichterlich entschieden sind. Der BFH stellt jedoch klar, dass die Begriffe "Herstellungsbeginn" – verwendet in § 6b Abs 3 S 3 EStG – und "HK iSd § 6 EStG" nicht gleichbedeutend sind, weil sie unterschiedliche Ziele verfolgen.

Ein Herstellungsbeginn liegt daher nicht zwangsläufig bereits vor, wenn erste HK iSd § 6 EStG entstehen. Die Verwendung dieses Begriffs zielt auf die Verlängerung der Reinvestitionsfrist ab, was einer konkreten und (objektiv) nachvollziehbaren Investitionsentscheidung bedarf, die mit der Formel "ins Werk gesetzt" umschrieben wird. Reine Vorbereitungsarbeiten in der Entwurfsphase allein führten im Streitfall nicht zur Verlängerung der Frist (vgl BFH v 09.07.2019, X R 7/17, BStBl II 2020, 635).

Die Verlängerung der Frist kann bei PersGes auch auf Grundlage des Bauantrags einer Schwester-PersGes in Anspruch genommen werden. Denn nach der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise ist der einzelne Mitunternehmer als begünstigter StPfl anzusehen (vgl FG BBg v 05.03.2019, 6 K 6071/18, DStRK 2019, 181, Rev unter Az I R 20/19 eingelegt, Verfahren wurde dann an den 11. Senat abgegeben (XI R 43/19), dann an den 1. Senat (I R 56/19) und schließlich hat der Beklagte auf Grundlage des Urteils des BFH v 29.04.2020, XI R 39/18, BFH/NV 2020, 1149 Änderungsbescheide erlassen). In dem Verfahren XI R 39/18 hat der BFH entschieden, dass in dem Fall, wenn eine GmbH unter Buchwertfortführung zu einem steuerlichen Übertragungsstichtag, der dem Tag nachfolgt, zu dem auch das vierte reguläre Wirtschaftsjahr nach Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG endet, verschmolzen wird, die Auflösung der Rücklage (§ 6b Abs 3 S 5 EStG) in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft vorzunehmen ist.

 

Rn. 113

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Sollte die Rücklage am Schluss des vierten (bzw ausnahmsweise bei Herstellung von Gebäuden nach sechs Jahren) auf ihre Bildung folgenden Wj noch vorhanden sein, ist sie zu diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen. Zur Verlängerung der Frist aufgrund der "Corona-Krise" s Rn 14.

Eine vorzeitige Auflösung der Rücklage ist möglich. Die Gewinnerhöhung erfolgt damit zum Schluss des Wj.

 

Rn. 114

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Durch die Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach Ablauf der Reinvestitionsfrist würde der StPfl einen Zinsvorteil realisieren, weil der Veräußerungsgewinn nicht im Wj der Veräußerung, sondern nach Ablauf der Frist zu versteuern ist. Die Belassung dieses Vorteils ist nach Auffassung des BFH bei fehlender Reinvestition steuerpolitisch nicht gerechtfertigt (BFH v 15.03.2000, I R 17/99, BStBl II 2001, 251). § 6b Abs 7 EStG ordnet eine entsprechende Verzinsung an. Die Regelung sieht vor, dass der Gewinn des Wj, in ...

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