Rn. 50

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

§ 43 Abs 1 S 1 EStG führt enumerativ die KapErtr iSd § 20 EStG auf, bei denen der Entrichtungspflichtige – Schuldner der KapErtr, auszahlende Stelle oder die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle – KapSt einzubehalten, anzumelden und abzuführen hat.

Die notwendige Folge eines solchen "Katalogs" der KapErtr, welche dem Abzug unterliegen, ist eine ständige Anpassung der Rechtslage an die Ergebnisse der Kreativität der Finanzindustrie sowie an die fortschreitende Entwicklung bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Verwiesen sei dabei auf die Formen des "crowd lending" (§ 43 Abs 1 S 1 Nr 7 Buchst c EStG; s Rn 139) sowie auf die inzwischen von der BaFin anerkannten Schuldverschreibungen in Form eines "Security Token"; vgl Weiss in https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2019/fa_bj_1904_Tokenisierung.html, Abruf am 20.03.2020; dazu weiter BMF u BMJV v 07.03.2019: Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/2019–03–08-eckpunkte-elektronische-wertpapiere.html, Abruf 20.03.2020). Danach ist zu erwarten, dass im digitalen Bereich der Finanzwirtschaft noch zahlreiche Fragen zur sachgerechten Erfassung und Besteuerung von KapErtr zu lösen sein werden. Schon die Probleme der Zuordnung von Erträgen und Zahlungen von KapSt bei globalverbrieften Aktien, die nur buchungsmäßig als ideeller Miteigentumsanteil an einer Wertpapiersammelurkunde existieren, sind alles andere als verbindlich geklärt (vgl Loritz/Goutier, Die Steuerberatung 2020, S 130 [131]). Eine weitere Virtualisierung kann diese Probleme erheblich verschärfen, wenn der Gesetzgeber nicht im Vorgriff definitorische Maßstäbe und Grenzen setzt.

 

Rn. 51

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Der Kreis ist durch die Unternehmensteuerreform 2008 deutlich ausgeweitet worden. Bei Verwahrung oder Verwaltung des Stammrechts durch eine inländische auszahlende Stelle ist diese auch bei ausländischen KapErtr vermehrt zum Steuerabzug verpflichtet. Bisher galt dies nur für Erträge aus "verbrieften" Zinsforderungen bei inländischer Verwahrung iRd Zinsabschlags (§ 43 Abs 1 S 1 Nr 7 Buchst a EStG aF). Hinzugekommen sind die Bezüge aus im Inland verwahrten ausländischen Aktien (§ 43 Abs 1 S 1 Nr 6 EStG).

 

Rn. 52

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Daneben ist nunmehr auch in Veräußerungsfällen in weitem Umfang durch die inländische auszahlende Stelle KapSt zu entrichten. Während dies bisher nur für die inländische auszahlende Stelle beim Zinsabschlag auf Erträge aus Finanzinnovationen galt (§ 43 Abs 1 S 1 Nr 7 EStG aF), gilt dies nunmehr für die Veräußerung von verwahrten inländischen und ausländischen Aktien, von verwahrten hybriden Kapitalanlagen und verwahrten oder verwalteten sonstigen inländischen und ausländischen Kapitalforderungen (§ 43 Abs 1 S 1 Nr 8–12 EStG). Zu Tauschfällen s Rn 170ff.

 

Rn. 53

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Dem Steuerabzug unterliegen auch die neben oder an Stelle der aufgezählten KapErtr gewährten besonderen Entgelte und Vorteile (§ 43 Abs 1 S 2 EStG). Wie bisher ist der Wortlaut teleologisch dahin zu reduzieren, dass nur die Ergänzungstatbestände zu den enumerativ aufgezählten abzugspflichtigen KapErtr gemeint sind.

 

Rn. 54

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Weitere Hinweise enthält das Schreiben des BMF v 18.01.2016, BStBl I 2016, 85, ergänzt unter Berücksichtigung der Änderungen durch BMF v 20.04.2016, BStBl I 2016, 475; BMF v 16.06.2016, BStBl I 2016, 527; BMF v 03.05.2017, BStBl I 2017, 739; BMF v 19.12.2017, BStBl I 2018, 52; BMF v 12.04.2018, BStBl I 2018, 624; BMF v 17.01.2019, BStBl I 2019, 51; BMF v 10.05.2019, BStBl I 2019, 464 und BMF v 16.09.2019, BStBl I 2019, 889.

 

Rn. 55

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Dies gilt einmal für Treuhandkonten und -depots. Sie sind hinsichtlich der AbgSt nach den allg Regeln für Einkünfte aus KapVerm zu behandeln. Dabei ist jedes einzelne Treuhandkonto für sich zu betrachten und jeweils ein gesonderter Verlustverrechnungstopf zu führen. Die Verlustverrechnung und die Anrechnung ausländischer Quellensteuer richtet sich nach § 43a Abs 3 EStG, vgl zur Verlustverrechnung im Einzelnen bei Weber-Grellet, DStR 2013, 1362.

Wegen der zwingend erforderlichen Identität von Treuhandkonto-Inhaber und Gläubiger der KapErtr (§ 44a Abs 6 EStG) kommt die Umsetzung eines Freistellungsauftrages oder einer NV-Bescheinigung nicht in Betracht. Aus demselben Grund scheitert nach Auffassung des BMF auch eine Freistellung von betrieblichen KapErtr, obwohl § 43 Abs 2 EStG eine Identität von Konto- oder Depotinhaber und Gläubiger der KapErtr nicht verlangt.

 

Rn. 56

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Ähnliche Identitätsprobleme wie bei Treuhandkonten treten regelmäßig auf in Erbschaftsfällen oder Insolvenzfällen. Die Erben können sich helfen mit einer Umschreibung des Kontos, der Insolvenzverwalter wird die Konten oder Depots zu betrieblichen erklären, um in den Genuss der Regelu...

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