Rn. 180

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

§ 10b Abs 1a EStG enthält eine Sonderregelung (vgl dazu Hüttemann, DB 2007, 127; Hüttemann, DB 2007, 2053; Tiedtke/Möllmann, DStR 2007, 509) für Spenden, die in das zu erhaltende Vermögen, den Vermögensstock, einer inländischen oder einer ausländischen Stiftung geleistet werden, welche die Voraussetzungen des § 10b Abs 1 S 2–6 EStG erfüllen. Da die Regelung nur auf § 10b Abs 1 S 2–6 EStG verweist, nicht hingegen auf § 10b Abs 1 S 8 EStG, sind auch freizeitfördernde Stiftungen iSv § 52 Abs 2 S 1 Nr 23 AO und iSv § 10b Abs 1 S 8 EStG erfasst, Heinicke in Schmidt, § 10b EStG Rz 31 (41. Aufl). Die Regelung betrifft nur solche Spenden, die in den Vermögensstock einer Stiftung des öffentlichen Rechts oder einer gemäß § 5 Abs 1 Nr 9 KStG steuerbefreiten Stiftung des privaten Rechts geleistet werden, vgl Brandl in Brandis/Heuermann, § 10b EStG Rz 81 (Mai 2021); kritisch Thiel, DB 2000, 392; Lex, DStR 2000, 1939; Maier, BB 2001, 494; Wallenhorst, DStR 2002, 984. Die Regelung gilt auch, wenn eine inländische Stiftung ihren Stiftungszweck im Ausland verwirklicht, BFH v 20.12.2006, I R 94/02, BStBl II 2010, 331.

An eine sog Vorstiftung, dh im Zeitraum zwischen Vornahme des Stiftungsgeschäftes und vor der staatlichen Anerkennung der Stiftung, kann keine Spende iSd § 10b Abs 1a EStG erfolgen, BFH v 11.02.2015, X R 36/11, BStBl II 2015, 545; Heinicke in Schmidt, § 10b EStG Rz 31 (41. Aufl); Seer in Kirchhof/Seer, § 10b EStG Rz 41a (21. Aufl); aA Wachter, DStR 2009, 2469. Erst mit der Feststellung der Gültigkeit des Stiftungsgeschäfts durch die zuständige Behörde entsteht die Stiftung, die Anerkennung wirkt somit konstitutiv, BFH v 11.02.2015, X R 36/11, BStBl II 2015, 545. Dies gilt auch dann, wenn einer noch zu errichtenden Stiftung durch eine letztwillige Verfügung Vermögen zugewendet werden soll, da eine Ausdehnung der Rückwirkungsfiktion des § 84 BGB auf die in § 5 Abs 1 Nr 9 KStG angeordnete Steuerbefreiung nicht in Betracht kommt, BFH v 06.06.2019, V R 50/17, BStBl II 2019, 782.

Durch die Gründung einer unselbständigen Stiftung, die ebenfalls von § 10b Abs 1a EStG erfasst wird, und deren Vermögen nachfolgend auf die zwischenzeitlich errichtete rechtsfähige Stiftung übertragen wird, kann jedoch die Interimsphase zwischen dem Stiftungsgeschäft und der Errichtung der "endgültigen" rechtsfähigen Stiftung überbrückt werden, Seer in Kirchhof/Seer, § 10b EStG Rz 41a (21. Aufl).

 

Rn. 181

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Bei den Empfängern der Spenden sind die rechtsfähigen Stiftungen des öffentlichen oder des privaten Rechts von den unselbstständigen (nicht rechtsfähigen) Stiftungen zu unterscheiden. Wesentliche Elemente der rechtsfähigen Stiftung als selbstständiger juristischer Person sind der Stiftungszweck (vgl BFH v 24.03.1993, I R 27/92, BStBl II 1993, 637), das Stiftungsvermögen, die Stiftungsorganisation und die Rechtsfähigkeit, die die Stiftung durch die Anerkennung der zuständigen Landesbehörde erlangt (§ 80 BGB), vgl Brandl in Brandis/Heuermann Rz 82 (Mai 2021). Im Unterschied zu den rechtsfähigen Körperschaften handelt es sich bei Stiftungen nicht um Personenzusammenschlüsse, da sie die über keine Mitglieder verfügen.

 

Rn. 182

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Eine unselbstständige Stiftung ist dann gegeben, wenn der Stifter Vermögenswerte auf eine natürliche oder juristische Person als Stiftungsträger (Treuhänder) mit der Maßgabe überträgt, das Vermögen zur Verfolgung des idR vom Stifter festgelegten Zwecks (Widmung) dauerhaft zu verwalten. Das übertragene Vermögen fällt als nicht rechtsfähiges Sondervermögen in das Eigentum des Stiftungsträgers. Die Errichtung einer (zeitweiligen) nicht rechtsfähigen (unselbstständigen) Stiftung setzt ua voraus, dass der Stifter einen Rechtsträger verpflichtet, diesem übertragene Vermögenswerte vorübergehend zu verwalten und nach der Anerkennung der rechtsfähigen (selbstständigen) Stiftung das Zweckvermögen auf diese zu übertragen.

Bei dem Stiftungsgeschäft der nicht rechtsfähigen (unselbstständigen Stiftung) handelt es sich um einen gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Stifter und einem Dritten als Rechtsträger der nicht rechtsfähigen (unselbstständigen) Stiftung. Die Vermögensübertragung selbst erfolgt durch ein gesondertes dingliches Rechtsgeschäft, BFH v 11.02.2015, X R 36/11, BStBl II 2015, 545 Rz 46f). Die unselbstständige Stiftung muss wirtschaftlich selbstständig sein, dazu muss der Treuhänder das Stiftungsvermögen gesondert von seinem sonstigen Vermögen verwalten. Ferner liegt die erforderliche wirtschaftliche Selbstständigkeit der unselbstständigen Stiftung dann vor, wenn die unselbstständige Stiftung und der Treuhänder unterschiedliche Zwecke verfolgen. Verfolgen sie hingegen identische Zwecke, muss die unselbstständige Stiftung über eigene Stiftungsgremien verfügen, die unabhängig von dem Treuhänder über die Verwendung der Mittel entscheiden können. Ferner muss der Treuhänder als zivilrechtlicher Rechtsträger vom Einfluss auf die Verwe...

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