Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverfahren. Gesonderte Gebühren und Auslagen eines als Rechtsanwalt zugelassenen Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Ein als Rechtsanwalt zugelassener Insolvenzverwalter kann für Tätigkeiten, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter vernünftigerweise einem Rechtsanwalt übertragen hätte, Gebühren und Auslagen nach Maßgabe der BRAGO gesondert aus der Insolvenzmasse entnehmen. Dabei muss es sich um Tätigkeiten handeln, die eine ganz besondere Qualifiktion bzw. Sachkunde voraussetzen, z.B. Abschluss von Verträgen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für die Masse, schwierige Verhandlungen über die Veräußerung des Betriebs oder Grundstücksangelegenheiten mit besonderen Rechtsproblemen.
  • Zusätzliche Rechtsanwalts- oder Steuerberaterverträge sind dann nicht wirtschaftlich zweckmäßig bzw. verhältnismäßig, wenn es sich um Regelaufgaben des Insolvenzverwalters handelt, z.B. Veräußerung des Anlagevermögens, Aufspaltung des Betriebs in zwei Vermögen, Besitz von Werkzeugen Dritter, Regelung halbfertiger Aufträge und Dauerschuldverhältnisse. insolvenzrechtliche Buchführung auch unter steuerlichen Aspekten.
 

Normenkette

InsVV § 5 Abs. 1-2, §§ 8, 1 Abs. 2 Nr. 4a

 

Verfahrensgang

AG Memmingen (Aktenzeichen IN 26/99)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.11.2004; Aktenzeichen IX ZB 48/04)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 23.10.2003 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 06.10.2003 wird kostenfällig

zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdewert wird auf 10.335,58 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Am 07.04.1999 beantragte Frau Inka Emmerling-Hanka als Inhaberin der Firma … und Vertrieb die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen (Bl. 1/2 d. A.). Der Antrag wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Memmingen – Insolvenzgericht – am 07.04.1999 zugelassen und die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Michael Pluta bestimmt (Bl. 3 d.A.). Mit Beschluss vom 03.08.1999 (Bl. 34/34 d.A.) eröffnete das Amtsgericht Memmingen – Insolvenzgericht – das Insolvenzverfahren und bestellte Rechtsanwalt … zum Insolvenzverwalter. Das Amtsgericht Memmingen – Insolvenzgerichtsetze mit Beschluss vom 23.12.1999 (Bl. 73/74 d.A.) die Vergütung für den vorläufigen Insolvenzverwalter auf 22.885,69 DM fest. Mit Beschluss vom 28.12.2000 (Bl. 93 d.A.) wird seitens des Amtsgerichts Memmingen – Insolvenzgericht – der Entnahme eines Vorschusses auf die Vergütung und Auslagen in Höhe von 13.077,54 DM zugestimmt. Mit Antrag vom 27.05.2003 beantragte der Insolvenzverwalter die Festsetzung der Vergütung auf 36.388,94 EUR (zu Bl. 111 d.A.). Mit Verfügung vom 14.08.2003 (Bl. 112/113 d.A.) begehrte das Amtsgericht Memmingen – Insolvenzgericht – weitere Klarstellung zum Vergütungsantrag. Dies beanwortete der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 01.10.2003 (Bl. 114/115 d. A.).

Das Amtsgericht Memmingen – Insolvenzgericht – setzte mit Beschluss vom 06.10.2003 (Bl. 116/119 d.A.) die Vergütung des Insolvenzverwalters auf 26.053,36 EUR fest. Abgezogen wurden Rechtsanwaltskosten und Kosten für die Führung eines Treuhandkontos, Kontieren der Belege etc. Der Beschluss wurde dem Insolvenzverwalter am 09.10.2003 zugestellt (zu Bl. 121 d.A.). Mit Schreiben vom 23.10.2003 (Bl. 122/132 d.A.) legte der Insolvenzverwalter gegen den Beschluss sofortige Beschwerde ein. Der Schriftsatz ging am selben Tag bei Gericht ein. Das Amtsgericht Memmingen – Insolvenzgericht – half mit Beschluss vom 05.11.2003 (Bl. 134/137 d.A.) der sofortigen Beschwerde nicht ab. Mit Schreiben vom 16.12.2003 nahm der Insolvenzverwalter zum Nichtabhilfebeschluss Stellung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde, §§ 64 Abs. 3 InsO, 567 ff ZPO, 11 RpflG, des Insolvenzverwalters bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Amtsgericht Memmingen – Insolvenzgericht – hat die Insolvenzverwaltervergütung mit Beschluss vom 06.10.2003 zutreffend festgesetzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung sowie die Nichtabhilfeentscheidung Bezug genommen.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend noch Folgendes auszuführen:

1.

Das Amtsgericht Memmingen – Insolvenzgericht – hat den angefochtenen Beschluss unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung des Landgerichts Memmingen getroffen. Ein Anlass zu einer Abkehr von den im Beschluss 4 T 397/01 dargelegten Grundsätzen besteht nicht. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anlass auch nicht aus der Einführung der InsVV (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung im Insolvenzverfahren, 2. Aufl., § 5 Rn. 1).

2.

Der Abzug der vom Insolvenzverwalter im Rahmen der Beschwerde weiter verfolgten Positionen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.723,07 EUR und Kosten für ein Treuhandkonto, Kontieren der Belege etc. in Höhe von 3.612,51 EUR erfolgte zu Recht.

a)

Gemäß § 5 Abs. 1 InsVV kann ein als Rechtsanwalt zugelassener Insolvenzverwalter für Tätigkeiten, die er nicht als Rechtsanwalt zugelas...

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