Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdachtskündigung. Videoüberwachung. verdeckte Kamera. Zulässigkeit. Verwertbarkeit

 

Normenkette

BGB § 626; GG Art. 1-2, 14

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 12.04.2001; Aktenzeichen 2 Ca 2286 d/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.03.2003; Aktenzeichen 2 AZR 51/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 12.04.2001 – 2 Ca 2286d/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigung sowie über Vergütungsansprüche.

Die Klägerin ist am …1947 geboren. Bei der Beklagten wurde sie gem. Arbeitsvertrag vom 27.04.1994 (Bl. 32 d. A.) mit Wirkung vom 01.11.1994 als Kassiererin eingestellt. Die Bruttovergütung der Klägerin betrug zuletzt 3.835 DM.

Nachdem in den Jahren seit 1997 bei der Beklagten Inventurdifferenzen mit steigender Tendenz aufgetreten waren, insbesondere für die Warengruppe Mehrweggetränke, installierte die Beklagte in ihrem Getränkemarkt in U. im März 2000 eine Videokamera direkt über der Kasse und der Kassierkraft. Dabei handelte es sich um eine verdeckte Kamera. Eine weitere verdeckte Kamera installierte sie im September 2000 über dem Gang des Getränkemarktes in Richtung der Leergutabgabe der Kunden. Die Auswertungen der Videoaufzeichnungen für den 01., 03., 06., 09. und 13.11.2000 lagen der Beklagten am 20.11.2000 vor. An diesen Tagen hatte die Klägerin dort als Kassiererin gearbeitet und war von der Videokamera gefilmt worden. Am 21.11.2000 wurde die Klägerin von etwa 9.00 bis 15.30 Uhr zur über die auf den Videos aufgezeichneten Vorgänge angehört. Anwesend waren der Personalleiter N., die Mitarbeiterin Sch. aus der Revisionsabteilung, der Mitarbeiter K. aus der Controlling-Abteilung, der Betriebsratsvorsitzende S. und das Betriebsratsmitglied R.. Auf Bitte der Klägerin wurde auch ihr Ehemann, der ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt ist, hinzugezogen. Die Beklagte unterrichtete anschließend mit Schreiben vom 21.11.2000 (Bl. 37 d. A.) den Betriebsrat von der beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten, Kündigung mit der Begründung „Verdachtskündigung wegen Unterschlagung bzw. Veruntreuung von Firmengeldern an der Getränkemarktkasse”. Der Betriebsrat stimmte am 22.11.2000 zu (Bl. 38 d. A.). Mit Schreiben vom 23.11.2000 (Bl. 3 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, vorsorglich fristgerecht. Sie rechnete das Arbeitsverhältnis bis zum 23.11.2000 ab und brachte die bereits gezahlte Sonderzuwendung in Abzug.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Kündigung sei unwirksam. Sie habe nicht Geld unterschlagen oder veruntreut. Gelegentlich sei es vorgekommen, dass Kunden ihr Leergut in einiger Entfernung von dem Kassenhäuschen, außerhalb des von der Videokamera erfassten Bereichs, abgestellt hätten, um andere Besorgungen vorzunehmen. Da sie gewusst habe, dass diese Kunden später das Kassenhäuschen passieren würden, habe sie die Zeit genutzt, um nach Überprüfung des Leerguts einen entsprechenden Getränkebon zu erstellen, diesen einzuscannen und anschließend den entsprechenden Betrag aus der Kasse zu entnehmen. Wenn dann der Kunde immer noch nicht am Kassenhäuschen erschienen sei und andere Arbeit nicht zu verrichten gewesen sei, habe sie häufiger das Kassenhäuschen verlassen, ohne das Geld mitzunehmen. Nach dem Verlassen des Kassenhäuschens habe sie meistens den sehr eng geschnittenen Kittel geöffnet und oft den verrutschten Pullover heruntergezogen. Wenn die Kunden vergessen hätten, den bereits zurechtgelegten Geldbetrag mitzunehmen, habe sie das Kassenhäuschen verlassen, um den Kunden das Geld zu bringen. Sie habe aber nicht Geld in ihre Tasche gesteckt.

Die Videoaufzeichnungen dürften nicht verwendet werden, da durch die Aufnahmen rechtswidrig in ihr Persönlichkeitsrecht eingegriffen worden sei. Sie habe nicht gewusst, dass Kameras installiert worden seien. Die Beklagte hätte die Installation bekannt geben müssen.

Sie bestreite mit Nichtwissen, dass der Betriebsrat vor der Installation zugestimmt habe. Sie bestreite mit Nichtwissen die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats sowie auffällige Inventurdifferenzen im Getränkemarkt U..

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung vom 23.11.2000 der Beklagten noch durch deren fristgemäße Kündigung zum nächst zulässigen Termin aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 6.162 brutto abzüglich DM 302,77 brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagzustellung zu zahlen,
  3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 3.835 brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagzustellung zu zahlen,
  4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 3.835 brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagzustellung zu zahlen,
  5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 3.835 brutto abzüglich bereits erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von DM 360,71 nebst ...

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