Rz. 65

[Autor/Stand] Ändert sich der Wohnsitz des Beschuldigten nach Einleitung des Strafverfahrens, so ist nach § 388 Abs. 2 Satz 1 AO auch die FinB örtlich zuständig, in deren Bezirk der neue Wohnsitz liegt. Die Zuständigkeit der FinB des bisherigen Wohnsitzes (s. Rz. 58) bleibt allerdings daneben für die Dauer des Strafverfahrens bestehen.

 

Beispiel

nach LG Augsburg[2]: Das HZA Mannheim, in dessen Bezirk die Steuerhinterziehung des Beschuldigten B entdeckt worden war und in dem B bei Einleitung des Strafverfahrens wohnte, hatte beim AG Augsburg, in dessen Zuständigkeitsbezirk B nunmehr wohnte, den Erlass eines Strafbefehls wegen dieser Tat beantragt. Das AG Augsburg lehnte den Antrag wegen Unzuständigkeit des HZA Mannheim ab.

Auf dessen Beschwerde hin hob das LG Augsburg diesen Beschluss mit folgender Begründung auf:

"Die Zuständigkeit des Hauptzollamtes Mannheim ist für die Durchführung des Steuerstrafverfahrens aus § 388 AO gegeben. Die Steuerstraftat wurde in dem Bezirk entdeckt. Der Beschuldigte hatte darüber hinaus zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seinen Wohnsitz im genannten Bezirk. Diese gegebene Zuständigkeit verändert sich nicht durch den vollzogenen Wechsel des Beschuldigten in den Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Augsburg. Eine Übernahme des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft hat nicht stattgefunden. Die Vorschriften der Abgabenordnung über die örtliche Ermittlungszuständigkeit der Finanzämter, die in gleicher Weise auch für das Hauptzollamt gelten, sind nicht mit den Gerichtsstandsvorschriften der Strafprozeßordnung kongruent. Sie unterscheiden sich daher auch von den Zuständigkeitsregelungen für die Staatsanwaltschaft gem. § 143 Abs. 1 GVG. Es trifft somit nicht zu, daß die die Ermittlungen führende Finanzbehörde an Zuständigkeitsgrenzen der Staatsanwaltschaft gebunden ist. Da das Gesetz in §§ 388, 400 AO keine Einschränkungen für die örtliche Zuständigkeit eines Finanzamtes zur Antragsstellung auf Erlaß eines Strafbefehls beinhaltet, ist ein Wille des Gesetzgebers, insoweit die Regelung des § 143 GVG zur Geltung zu bringen, nicht erkennbar. Zu Recht hat daher der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, daß die Abgabenordnung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der Finanzbehörden bei der Ermittlung von Steuerstraftaten eine abschließende Regelung enthält, die im Gegensatz zur örtlichen Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft nicht von der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts abhängig ist. Das Amtsgericht ist somit zur Entscheidung über den beantragten Erlaß des Strafbefehls zuständig."

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2023
[2] Nach LG Augsburg v. 8.7.1982 – 6 Qs 663/82, ZfZ 1982, 315.

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