Rz. 627

[Autor/Stand] Am Ende des Zwischenverfahrens muss das Gericht – ohne Beteiligung der Laienrichter – über das weitere Schicksal der Anklageschrift entscheiden. Es hat folgende Entscheidungsmöglichkeiten:

 

Rz. 628

[Autor/Stand] Die Eröffnung des Hauptverfahrens (sog. Eröffnungsbeschluss) erfolgt, sofern der Angeschuldigte bei vorläufiger Tatbewertung[3] der strafbaren Handlung hinreichend verdächtig ist (§ 203 StPO), also seine Verurteilung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist[4]. Auch das Gericht hat insoweit einen Beurteilungsspielraum[5]. Fehlt es an dieser Wahrscheinlichkeit, darf eine Hauptverhandlung nicht stattfinden.

So hat das AG Saalfeld[6] die Eröffnung eines Hauptverfahrens angesichts zu beachtender Beweisverwertungsverbote, die eine Verurteilung unwahrscheinlich machen, abgelehnt. Bei der Prüfung des hinreichenden Tatverdachts können nur Beweise berücksichtigt werden, deren Verwendung in der Hauptverhandlung nicht ausgeschlossen sind. Durch diese Entscheidung ist die Bedeutung des Zwischenverfahrens aufgewertet worden. Tatsächlich streitige Sachfragen dürfen jedoch nicht geklärt werden, diese bleiben der Hauptverhandlung vorbehalten.

 

Rz. 629

[Autor/Stand] In dem Eröffnungsbeschluss lässt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das für sie zuständige Gericht (§ 207 Abs. 1 i.V.m. § 209 StPO).

In den in § 207 Abs. 2 StPO bezeichneten Fällen kann der Beschluss inhaltlich von der Anklage abweichen.

 

Rz. 630

[Autor/Stand] Ein fehlerhafter, widersprüchlicher oder unzureichender Eröffnungsbeschluss bildet ein Prozesshindernis und führt zur Einstellung des Verfahrens (§§ 206a, 260 Abs. 3 StPO)[9].

 

Rz. 631

[Autor/Stand] Mit dem Erlass des Eröffnungsbeschlusses tritt die Rechtshängigkeit vor dem bezeichneten Gericht ein[11]. Die StA verliert damit grds. die Dispositionsbefugnis über die Klage[12]. Sie kann nicht mehr zurückgenommen werden (§ 156 StPO), sieht man einmal von den Ausnahmen im Strafbefehlsverfahren, die der StA und auch der FinB die Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls noch in der Hauptverhandlung gestatten (s. § 400 Rz. 180 f.)[13], und den Einstellungsmöglichkeiten nach §§ 153 ff. StPO ab.

 

Rz. 632

[Autor/Stand] Gemäß § 204 Abs. 1 StPO kann das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen. Aus dem die Eröffnung ablehnenden Beschluss muss hervorgehen, "ob er auf tatsächlichen oder auf Rechtsgründen beruht".

Aus rechtlichen Gründen ist die Eröffnung abzulehnen, wenn eine Prozessvoraussetzung fehlt (z.B. Verjährung eingetreten ist) oder bei einer an gravierenden, nicht behebbaren Mängeln leidenden Anklageschrift[15] oder wenn das Verhalten des Angeschuldigten z.B. keinen Straftatbestand erfüllt oder wegen zu beachtender Beweisverwertungsverbote (s. Rz. 1045 ff.).

In Betracht kommt weiter eine Ablehnung der Eröffnung aus tatsächlichen Gründen (es stellt sich z.B. im Zwischenverfahren heraus, dass der Angeschuldigte nicht der Täter ist oder dass kein hinreichender Tatverdacht besteht).

 

Rz. 633

[Autor/Stand] Vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens kann das Gericht noch weitere Beweiserhebungen anordnen (§ 202 StPO), z.B. Zeugenvernehmungen oder Einholung eines Sachverständigengutachtens, um die genaue Höhe der Steuerverkürzung, die bislang nur geschätzt wurde, zu bestimmen. Das Gericht kann die StA um weitere Ermittlungen, auch durch Fahndungsbeamte (als Ermittlungspersonen), ersuchen. Ob die StA dem Ersuchen nachkommen muss und ob das Gericht im Falle der Weigerung die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen kann, ist umstritten[17].

 

Rz. 634

[Autor/Stand] Das Gericht kann in diesem Verfahrensstadium auch mit den Verfahrensbeteiligten den Stand des Verfahrens erörtern (§ 202a StPO)[19]. Die Erörterungen dienen zumeist der Vorbereitung einer Verständigung (§ 257c StPO). Näheres dazu s. Rz. 1241 ff. Sie entfalten nach überw. Ansicht keine Bindungswirkung[20], das Gericht ist aber bei einer beabsichtigten Abweichung von einer früheren Ankündigung verpflichtet, den Angeklagten darauf hinzuweisen[21].

Keine Befangenheit der Berufsrichter liegt vor, wenn sich diese während der Erörterung im Zwischenverfahren konkret zu einem Strafmaß im Falle einer Verständigung oder bestimmte Rechtsmeinungen ungefragt äußern[22].

 

Rz. 635

[Autor/Stand] Eine vorläufige Einstellung kommt gem. § 205 StPO in Betracht bei längerer Abwesenheit des Angeschuldigten und anderen Hindernissen, die in seiner Per...

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