Leitsatz

Werden Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen einer KG unter Fortführung stiller Reserven auf eine Schwester-KG übertragen und sodann die Mitunternehmeranteile an der Schwester-KG veräußert, so ist die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG nicht zu gewähren, weil nicht alle in der Person des Veräußerers (Mitunternehmers) vorhandenen stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang aufgedeckt werden.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EStG, § 42, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO

 

Sachverhalt

Ein Investor beabsichtigte, Teile des Geschäfts einer GmbH & Co. KG zu übernehmen. Zu diesem Zweck gründeten die Gesellschafter der GmbH & Co. KG eine beteiligungsidentische zweite GmbH & Co. KG und übertrugen dieser dann Teile des Betriebsvermögens. Ein Grundstück mit erheblichen stillen Reserven sowie das bewegliche Anlagevermögen verblieben bei der Ausgangsgesellschaft. Am gleichen Tag des Jahres 1997 veräußerten die Altgesellschafter Teile ihrer Kommanditanteile an der zweiten KG sowie deren Komplementär-GmbH an den Investor, der zudem eine Option auf den Kauf der restlichen Anteile erhielt. Von der Option wurde später auch Gebrauch gemacht.

Den aus dem Verkauf der ersten Tranche im Jahr 1997 erzielten Gewinn hielten die Gesellschafter für tarifbegünstigt. Das FA lehnte eine entsprechende Feststellung im Gewinnfeststellungsbescheid für die neu gegründete KG ab.

Die dagegen erhobene Klage hatte zunächst beim FG Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.10.2011, 15 K 10217/09, Haufe-Index 2953457).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil jedoch auf und wies die Klage ab. Zwar sei die Veräußerung von Teilmitunternehmeranteilen nach der für 1997 geltenden Rechtslage grundsätzlich tarifbegünstigt. Hier scheitere die Feststellung der Tarifbegünstigung aber daran, dass die Anteile nur den ausgegliederten Teil der stillen Reserven der Ursprungs-KG enthielten. Bei einer zusammenfassenden Betrachtung seien nicht – wie erforderlich – alle stillen Reserven geballt realisiert worden.

 

Hinweis

1. Im Urteilsfall ging es um die Tarifbegünstigung des Gewinns aus der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils. Ein solcher Gewinn ist nach heutiger Rechtslage generell nicht mehr tarifbegünstigt. Denn § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG erklärt ihn zu einem "laufenden Gewinn". Die Regelung gehört sachlich an sich zu § 34 EStG, weil sie nichts daran ändern soll, dass der Gewinn nach § 16 EStG steuerbar ist, sondern lediglich die fehlende Tarifbegünstigung zum Ausdruck bringt.

Im Streitjahr 1997 gab es diese Regelung noch nicht. Vielmehr konnte nach der damaligen Rechtsprechung auch eine Teilanteilsveräußerung tarifbegünstigt sein. Daran hat die Rechtsprechung für die Veranlagungszeiträume bis zur erstmaligen Geltung des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG (Veräußerungsgewinne ab VZ 2002) festgehalten, sodass auch im Urteilsfall eine Tarifbegünstigung möglich gewesen wäre.

2. Der Veräußerungsvorgang ist für sich genommen allein bezogen auf den Zeitpunkt zu betrachten, zu dem die Veräußerung stattgefunden hat. Der dabei realisierte Gewinn kann grundsätzlich die Voraussetzungen des § 34 EStG erfüllen, denn Veräußerungsgewinne "kommen in Betracht" für eine Tarifvergünstigung, wie es im Einleitungssatz des § 34 Abs. 2 EStG heißt. Voraussetzung dafür ist, dass der Gewinn "außerordentlich" ist. Im Fall der Gewinne gemäß § 16 EStG ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn es zur geballten Aufdeckung der stillen Reserven in dem veräußerten Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil gekommen ist.

Wie im Fall des am gleichen Tag ergangenen Urteils IV R 36/13 (in diesem Heft) geht der BFH aber über die zeitpunktbezogene Betrachtung hinaus und bezieht Transaktionen mit ein, die in engem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung stattgefunden haben. Grundlage dafür ist eine teleologische Auslegung des § 34 EStG, nach der die Tarifbegünstigung nur bei einer geballten Aufdeckung aller stillen Reserven in der veräußerten Sachgesamtheit (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil) gewährt werden soll. Diese Auslegung bildet den Kern der sog. Gesamtplan-Rechtsprechung.

3. Im häufig zitierten Fall des Urteils vom 6.9.2000, IV R 18/99 (BStBl II 2001, 229, BFH/NV 2001, 115) hatte der BFH die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen für nicht begünstigt gehalten, weil aufgrund eines einheitlichen Plans kurz zuvor Wirtschaftsgüter mit erheblichen stillen Reserven zum Buchwert in eine Schwestergesellschaft ausgegliedert worden waren. Der hier entschiedene Fall enthält gewissermaßen die Umkehrung des damals entschiedenen Sachverhalts, denn hier wurden die Anteile an der Schwestergesellschaft veräußert, während Wirtschaftsgüter mit erheblichen stillen Reserven in der Altgesellschaft zurückgeblieben waren. Bei einer Aufspaltung der stillen Reserven auf zwei Personengesellschaften kann es nach Meinung des BFH keine Rolle spielen, ob anschließend Anteile an der einen oder der anderen Gesellschaft veräußert werden. Denn in beiden ...

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