Rz. 16
Entsprechendes wie für die Leistungsablehnung gilt auch für die Beitragserhebung. Erhoben sind nicht nur abgeführte oder eingezogene, sondern auch durch VA festgesetzte Beiträge. Auch durch die Einzugsstelle zu hoch festgesetzte Gesamtsozialversicherungsbeiträge (§ 28d SGB IV) unterliegen der Überprüfung. Ein Schätzungsbescheid wegen nicht ordnungsgemäßer Unterlagen (§ 28f Abs. 2 SGB IV) ist nicht nach § 44 Abs. 1 bei einem späteren Nachweis zu überprüfen, sondern zu widerrufen (§ 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV). Auch gegenüber freiwillig Versicherten zu hoch festgesetzte Beiträge (vgl. § 240 SGB V) unterliegen der Überprüfung. Jedoch handelt es sich hierbei zumeist um Schätzungen, die sich nicht als unrichtig qualifizieren lassen. Ausgeschlossen ist die Überprüfung und rückwirkende Änderung, wenn Selbständige erst verspätet Nachweise eines unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Einkommens beibringen (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI). Zu Beiträgen und Beitragsbescheiden in der Unfallversicherung vgl. § 160 SGB VII, der als lex spezialis § 44 vorgeht. Zum erforderlichen ursächlichen Zusammenhang ("... und soweit deshalb ...") zwischen dem als rechtswidrig erachteten VA und der Erhebung von Beiträgen vgl. BSG, Urteil v. 20.7.2017, B 12 KR 13/15 R.
Rz. 17
Nicht unter § 44 Abs. 1 fällt die Zahlung von Pflichtbeiträgen durch den Arbeitgeber als Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV). Dieser Beitragszahlung liegt schon kein VA zugrunde. § 26 SGB IV sieht hierfür als speziellere Regelung die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge ohne Aufhebung eines VA vor. Eine Überprüfung nach § 44 hat aber in dem Fall stattzufinden, wenn ein Bescheid über das Bestehen eines versicherungspflichtigen und Pflichtbeiträge auslösenden Beschäftigungsverhältnisses vorlag, dessen Aufhebung erst dazu führt, dass die hierauf entrichteten Pflichtbeiträge zu Unrecht gezahlt worden waren. Anwendbar ist § 44 auch auf Bescheide, die Beitragserstattungen abgelehnt hatten. Zweifelhaft ist die Anwendung des § 44 auf Fragen im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Beitragsforderungen in der Zwangsvollstreckung. Ob und in welchem Umfang die Zwangsvollstreckung rechtmäßiger Beiträge der Höhe nach möglich und zulässig ist, ist nach Vollstreckungsrecht zu bestimmen, nicht jedoch zusätzlich als Frage des Beitragsanspruchs dem Grunde und der Höhe nach.
Rz. 18
Auch die Frage der zu Unrecht erhobenen Beiträge richtet sich nach den für Beitragsansprüche geltenden gesetzlichen und satzungsmäßigen Grundlagen, so dass die Aufhebung eines Beitragsbescheides als rechtswidrig nicht mit Form- oder Verfahrensfehlern begründet werden kann. Da Beiträge zudem kraft Gesetzes entstehen, ist zusätzlich § 46 Abs. 1 zu beachten, wonach eine Aufhebung als rechtswidrig belastend auch dann nicht in Betracht kommt, wenn ein VA gleichen Inhalts wieder ergehen müsste. Die nach § 44 mögliche Zurücknahme ("soweit") wird damit allein auf den Fall der zu hohen Beitragserhebung begrenzt.