Unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten stellt die unzureichende steuerliche Beratung eine Verletzung der sich aus dem Mandatsvertrag ergebenden Pflichten dar. Anspruchsgrundlage für Schadensersatzforderungen ist daher regelmäßig, neben weiteren zivilrechtlichen Normen, § 280 Abs. 1 BGB.

Die Haftung setzt die schuldhafte Verletzung einer sich aus dem Mandat ergebenden Pflicht voraus, die adäquat kausal einen Schaden aufseiten des Mandanten verursacht. Für die Pflichtverletzung, den Schaden und die Ursächlichkeit zwischen ihnen ist der Mandant – den allgemeinen zivilrechtlichen ­Beweislastregeln im Parteiprozess entsprechend – beweispflichtig.

Als Anspruchsgrundlage kommen nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht diverse Normen mit ihren entsprechenden Rechtsfolgen in Betracht. Dabei wird auf der Rechtsfolgenseite weiter differenziert in Schadensersatz "neben" der Leistung und Schadensersatz "statt" der Leistung.

Schadensersatz "neben" der Leistung bedeutet Ersatz des negativen Interesses (Integritätsinteresse). Der Mandant ist so zu stellen, als hätte er nichts von dem Rechtsgeschäft gehört (Vertrauensschaden). Erfasst wird der Mangelfolgeschaden. Schadensersatz "statt" der Leistung bedeutet Ersatz des positiven Interesses (Erfüllungsinteresse). Der Mandant ist so zu stellen, als wäre ordnungsgemäß erfüllt worden. Erfasst wird der Mangelschaden.

Rechtsnatur des Beratervertrags

Der Vertrag zwischen Mandant und Steuerberater ist i. d. R. ein Geschäftsbesorgungsvertrag, dem eine berufliche Dienstleistung höherer Art zugrunde liegt (§§ 675 Abs. 1611 ff. BGB).

Allgemeine Hauptpflicht des Steuerberaters ist es, die steuerrechtlichen Interessen des Mandanten in jeder Richtung (abhängig vom vertraglich vereinbarten Umfang) wahrzunehmen.

Ein Beratungsvertrag in steuerrechtlichen Angelegenheiten kann dabei noch weiter, in Abhängigkeit von seinem konkreten Inhalt, in einen Dienstvertrag (§ 611 BGB) oder Werkvertrag (§ 631 BGB) differenziert werden, die regelmäßig beide eine entgeltliche Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) zum Gegenstand haben.

  • Der Dienstvertrag verpflichtet zum bloßen Tätigwerden, z. B. Buchführungsauftrag, Vertretung gegenüber dem Finanzamt oder dem Finanzgericht.
  • Der Werkvertrag ist auf Herbeiführung eines vereinbarten Erfolgs gerichtet, z. B. Erstellung eines steuerrechtlichen Gutachtens.

Liegt ein Werkvertrag vor, finden die vorgenannten Anspruchsgrundlagen über die Verweisungsnorm des § 634 Nr. 4 BGB Anwendung.

Die Rechtsprechung (BGH, Urteil v. 4.6.1996, IX ZR 51/95) zur Anwaltshaftung ist in den wesentlichen Zügen übertragbar:

"Der um Rat ersuchte Rechtsanwalt ist zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung seines Auftraggebers verpflichtet. Er hat dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den den Umständen nach sichersten und ungefährlichsten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich dabei nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles."

Die 4 berufsrechtlichen Kardinalspflichten

Allgemein werden 4 Arten der beruflichen Pflichten unterschieden, die als sog. "Kardinalspflichten" bezeichnet werden:

  1. Zunächst hat der Steuerberater den zu beurteilenden Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht erschöpfend zu erforschen und den Mandanten entsprechend zu befragen.
  2. Sodann hat er eine Rechtsprüfung unter Berücksichtigung der herrschenden Rechtsprechung – sofern vorhanden – sowie unter Einbeziehung der Kommentarliteratur vorzunehmen.
  3. Der Steuerberater muss den Mandanten umfassend und erschöpfend unter Berücksichtigung seiner Interessen beraten und belehren und
  4. ihn unter Offerierung des sog. "sichersten Wegs" (Stichwort "Gestaltungsberatung") ­anleiten.
 
Hinweis

Kardinalspflichten sind vertragliche Pflichten

Kardinalspflichten sind solche vertragliche Pflichten, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermöglichen, auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertrauen darf, und deren Verletzung auf der anderen Seite die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet.

Pflichtverletzung durch Unterlassen

In vielen Fällen kommt, neben dem aktiven Tun, auch eine Pflichtverletzung in Form des Unterlassens gebotener Maßnahmen in Betracht. Zum Tatbestandsmerkmal des Verschuldens und den sich ergebenden Problemen soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.

Äquivalenz- oder Bedingungstheorie

Die Handlung des Steuerberaters und der tatbestandliche eingetretene Erfolg müssen kausal sein. Das bedeutet, dass das Tätigwerden des Steuerberaters für den beim Mandanten eingetretenen Erfolg ursächlich sein muss.

Nach der conditio-sine-qua-non-Formel ist Ursache jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten G...

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