Leitsatz

Aufwendungen für heilerythmische Behandlungen sind auch dann als außergewöhnliche Belastungen (agB) absetzbar, wenn ein amtsärztliches Attest nicht vorgelegt wird.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Pensionärin. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 machte sie u. a. Aufwendungen für 36 heileurythmische Behandlungen als agB im Sinne des § 33 EStG geltend, und legte entsprechende Verordnungen ihres Hausarztes vor. Das FA lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten ab, da kein hinreichender Nachweis bestehe, dass die Behandlungen im Falle der Klägerin aus ärztlicher Sicht eine zwingend medizinisch notwendige und angemessene Methode zur Behandlung gewesen seien. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass aufgrund ihres chronischen Lendenwirbelsäulensyndroms der Hausarzt die Behandlungen verordnet habe. Bei der Heileurhythmie handele es sich um eine nichtärztliche Bewegungstherapie innerhalb der anthroposophischen Medizin. Es lägen insoweit Aufwendungen vor, die als agB gem. § 33 EStG berücksichtigt werden müssten. Im Rahmen von § 33 EStG werde verlangt, dass die Behandlung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannt sei.

 

Entscheidung

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen. Allerdings hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in einer Reihe von Fällen formalisiert nachzuweisen, nachdem der Gesetzgeber auf die geänderte Rechtsprechung des BFH zur Nachweispflicht reagiert hat. Der formalisierte Nachweis darf allerdings nur in den § 64 Abs. 1 EStDV n. F. ausdrücklich geregelten Fällen gefordert werden. § 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV fordert jedoch den strengen amtlichen Nachweis nur bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden, nicht aber bei wissenschaftlich umstrittenen Behandlungsmethoden. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen in der nach § 64 Abs. 1 EStDV gebotenen Form nachgewiesen.

 

Hinweis

Die vom FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. VI R 27/13 geführt. In diesem Verfahren hat der BFH die Frage zu klären, ob § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1f EStDV dahingehend auszulegen ist, dass auch für wissenschaftlich umstrittene Behandlungsmethoden der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit durch ein vor Einleitung dieser Maßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten erbracht werden muss.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 17.04.2013, 5 K 71/11

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