Rz. 79

Die Fußstapfentheorie (§§ 23 Abs. 1 i. V. m. 12 Abs. 3 S. 1 und 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG) gilt auch für die körperschaftsteuerlichen Organschaftsvoraussetzungen. Aus den § 4 Abs. 2 S. 3 und § 12 Abs. 3 Hs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 1 UmwStG folgt, dass die übernehmende Körperschaft umfassend und vorbehaltlos in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt.[1] Fraglich ist also, ob die übernehmende Gesellschaft vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an einer anderen Gesellschaft innehatte.[2]

Rz. 80 einstweilen frei

 

Rz. 81

Der Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung führt nicht dazu, dass hinsichtlich der (mit-)eingebrachten Anteile zu unterstellen ist, dass die übernehmende Gesellschaft diese Anteile bereits zum gleichen Zeitpunkt wie der Einbringende zusätzlich zu den bislang selbst angeschafften Anteilen angeschafft hat.

 

Rz. 81a

Die übernehmende Gesellschaft kann sich hinsichtlich der Mehrheit der Stimmrechte in dem Zeitraum vor dem steuerlichen Einbringungszeitpunkt entweder nur auf die bereits von ihr selbst angeschafften Anteile oder als Rechtsnachfolgerin nur auf die (mit-)eingebrachten Anteile berufen. Wenn die übernehmende Gesellschaft die Stimmenmehrheit nicht bereits innehat, müssen die eingebrachten Anteile für sich genommen die Stimmenmehrheit vermitteln.

 

Rz. 81b

Erfüllte der übertragende Rechtsträger die für eine Organschaft notwendigen Voraussetzungen, so gelten diese Voraussetzungen insoweit auch bei dem übernehmenden Rechtsträger als erfüllt.[3]

Der BFH hat seine Rechtsprechung zur sog. Fußstapfentheorie jüngst bestätigt und fortentwickelt. Dass der umwandlungssteuerliche Übertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurückbezogen wird, ist hierfür unerheblich.[4]

Dies gilt auch in Fällen des Anteilstauschs nach § 21 UmwStG, bei dem wegen des fehlenden Verweises auf § 20 Abs. 5 und Abs. 6 UmwStG in § 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG eine umwandlungssteuerliche Rückwirkung auch nicht möglich gewesen wäre.[5]

Der BFH begründete dies damit, dass allein die umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge nach § 12 Abs. 3 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG zur finanziellen Eingliederung in den übernehmenden Rechtsträger führen kann. Es müssen nicht zusätzlich die Voraussetzungen einer umwandlungssteuerlichen Rückbeziehung auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft vorliegen. Die Rechtsinstitute der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge und der umwandlungssteuerlichen Rückbeziehung stehen gleichberechtigt nebeneinander; sie können den gleichen Zeitraum betreffen, müssen es aber nicht. Ob es sich bei der "finanziellen Eingliederung" um ein rechtliches oder tatsächliches Merkmal handele, könne daher offenbleiben.

[6]

Für die Gegenauffassung der Finanzverwaltung sind nach dem BFH im Wortlaut des § 12 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG und im Zweck dieser Regelungen keine Anhaltspunkte erkennbar.[7]

Im Übrigen führt ein umfassendes Verständnis der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge nach dem BFH auch nicht dazu, dass die Regelungen zur umwandlungssteuerlichen Rückbeziehung obsolet werden. Dies zeigt sich schon daran, dass die umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge nicht für sämtliche Umwandlungen des Umwandlungssteuergesetzes Anwendung findet (vgl. § 23 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 UmwStG). Außerdem bleibt die umwandlungssteuerliche Rückbeziehung insbesondere dann von Bedeutung, wenn es um die Zurechnung des Einkommens geht, das die Organgesellschaft in einem bereits abgeschlossenen Wirtschaftsjahr erzielt hat.[8]

 

Rz. 82

Ungeachtet der bloßen Stimmenmehrheit ist aufgrund des Eintritts in die steuerliche Rechtsstellung auch nicht anzunehmen, dass die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile angeschafft hat. Ihr sind lediglich die vom Einbringenden erfüllten tatbestandlichen Voraussetzungen in Bezug auf die eingebrachten Wirtschaftsgüter zuzurechnen.

 

Rz. 82a

Daher kann sich die übernehmende Gesellschaft die Stimmenmehrheit der eingebrachten Anteile für den Zeitraum vor dem Einbringungszeitpunkt positiv anrechnen, wenn auch der Einbringende in diesem Zeitraum die Voraussetzungen erfüllt hat, um selbst als Organträger infrage zu kommen. Hierzu ist erforderlich, dass es sich bei dem Einbringenden entweder um einen gewerblichen Einzelunternehmer, um eine gewerblich tätige Personengesellschaft oder um eine Kapitalgesellschaft handelt. Ist der Einbringende hingegen eine natürliche Person, welche die eingebrachten Anteile im Privatvermögen gehalten hat, oder eine lediglich gewerblich geprägte vermögensverwaltende Personengesellschaft, so führt der Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung nicht dazu, dass die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft vor dem Einbringungszeitpunkt erfüllt werden. Die gewerbliche Tätigkeit des Organträgers muss allerdings nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft vorliegen.[9]

 

Rz. 82b

Hat bereits vor dem Einbringungsze...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge