Rz. 126

Nach § 7 S. 6 GewStG ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags § 50d Abs. 10 EStG entsprechend anzuwenden. Sie betrifft Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 und Nr. 3 Halbs. 2 EStG, die eine Mitunternehmerschaft an einen Gesellschafter zahlt. Betroffen von der Regelung sind nach § 7 S. 6 GewStG i. V. m. § 50 d Abs. 10 S. 4 EStG auch die Fälle des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 und Abs. 1 S. 2 EStG. Die genannten Sondervergütungen sind Teil des Gewinns aus Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft und damit Teil ihres Gewerbeertrags. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, in denen es zur Anwendung eines DBA kommt, ist unklar, sofern das jeweilige DBA insoweit keine Sonderregelungen enthält, ob diese Sondervergütungen als Unternehmensgewinne i. S. d. Art. 7 OECD-MA, als Zinsen i. S. d. Art. 11 OECD-MA, als Lizenzgebühren i. S. d. Art. 12 OECD-MA oder als Einkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit i. S. d. Art. 15 OECD-MA anzusehen sind. Je nach Einordnung steht das Besteuerungsrecht dem Betriebsstätten- oder dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters zu. § 50d Abs. 10 EStG bestimmt nun, dass diese Sondervergütungen bei insoweit fehlenden Sonderregelungen abkommensrechtlich als Teil des Gewinns der Mitunternehmerschaft anzusehen sind und sich das Besteuerungsrecht daher nach dem Betriebsstättenprinzip richtet. Bezieht ein im Inland ansässiger Gesellschafter Sondervergütungen von einer ausl. Personengesellschaft, gehören diese Einkünfte regelmäßig zu der ausl. Betriebsstätte und unterliegen daher nicht der deutschen GewSt. Bezieht umgekehrt ein ausl. Gesellschafter Sondervergütungen von einer inl. Personengesellschaft, gehören diese zum inl. Betriebsstättengewinn und unterliegen daher der GewSt.[1] Zwar beinhaltet § 50d Abs. 10 S. 5 EStG eine Anrechnungsregelung, um eine doppelte steuerliche Erfassung zu vermeiden. Gewerbesteuerlich hat diese aber keine Bedeutung, da § 50d Abs. 10 EStG nach § 7 S. 6 GewStG nur bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gilt. Dies kann zu einer definitiven Belastung mit GewSt führen, wofür eine sachliche Berechtigung nicht ersichtlich ist.[2]

 

Rz. 126a

§ 7 S. 6 GewStG verweist über § 50 d Abs. 10 S. 8 EStG auf § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG. Führt die Anwendung des DBA zu einer Nichtbesteuerung der Sondervergütungen, kommt es, um sog. weiße Einkünfte zu vermeiden, nach § 50d Abs. 10 S. 8 i. V. m. Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG zu einem Rückfall des Besteuerungsrechts auf Deutschland.

 

Rz. 127

Die Regelung in § 50d Abs. 10 EStG stellt ein Treaty Override dar. Die Frage, ob dies verfassungsgemäß ist, hat der BFH dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt.[3] Entschieden hat das BVerfG diese Frage bisher nicht. Erfolgt ist aber eine Entscheidung des BVerfG zur vergleichbaren Problematik im Rahmen des § 50d Abs. 8 EStG.[4] Hier hat das BVerfG im Ergebnis entschieden, dass die Überschreibung eines DBA durch innerstaatliches Recht grundsätzlich zulässig ist. In der Ordnung des GG haben völkerrechtliche Verträge regelmäßig den Rang einfacher Bundesgesetze. Sie können daher durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden. Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des GG noch aus dem Rechtsstaatsprinzip. Entsprechendes gilt auch für § 50d Abs. 10 EStG, sofern nicht ein Verstoß gegen Grundrechte vorliegt. Dies dürfte zu verneinen sein.[5]

 

Rz. 128

§ 7 S. 6 GewStG i. V. m. § 50d Abs. 10 S. 1 EStG ist nicht anzuwenden, wenn mit dem betreffenden Staat kein DBA abgeschlossen worden ist. Gleiches gilt in den Fällen, in denen das DBA eine die Sondervergütungen betreffende ausdrückliche Regelung beinhaltet.

[2] Franke/Möllmann/Schiffers/Zantopp, in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl. 2022, § 7 GewStG Rz. 164.

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