Rz. 39

[Autor/Stand] Interaktion mit Verrechnungspreisthemen. Da verrechnungspreisrelevante Umsätze i.d.R. zwischen Unternehmen i.S.d. § 2 UStG erfolgen, haben umsatzsteuerliche Fragestellungen aufgrund der vermeintlichen Belastungsneutralität bei voller Vorsteuerabzugsberechtigung lange Zeit keine übermäßige Bedeutung in verrechnungspreisrelevanter Rechtsprechung und Schrifttum eingenommen. Allerdings ist angesichts der mitunter erheblichen Transaktionsvolumina zwischen verbundenen Unternehmen und dem verschärften Prüfverhalten der Finanzbehörden insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen einer umsatzsteuerlich und zollrechtlich korrekten Behandlung erhebliche Bedeutung beizumessen. So können bereits geringe Fehler in der steuerlichen Abbildung sowie den Deklarations- und Nachweispflichten zu definitiven Umsatzsteuer- und Zollbelastungen führen.

 

Rz. 39.1

[Autor/Stand] Anwendung allgemeiner Grundsätze. Besondere Vorgaben für Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen existieren nicht, sodass die allgemeinen Grundsätze des UStG sowie der UStDV Anwendung finden. Im Unterschied zu nicht verbundenen Unternehmen kann allerdings eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegen, wobei deren Wirkungen allerdings auf das Inland beschränkt sind (§ 2 Nr. 2 Satz 2 UStG). Darüber hinaus ist bei unangemessenen Verrechnungspreisen denkbar, dass die Mindestbemessungsgrundlage zur Anwendung kommt. Zollrechtlich wird die Angemessenheit von Verrechnungspreisen insoweit abweichend beurteilt, als sich Zollabgaben nach dem Transaktionswert bemessen. Zollrechtlich werden nur solche Transaktionswerte für die Zollabfertigung als sachgerecht anerkannt, die ohne Berücksichtigung des "Näheverhältnisses" zwischen den Beteiligten bestimmt worden sind.[3]

 

Rz. 39.2

[Autor/Stand] Einzelheiten zu der Interaktion von Verrechnungspreis und Transaktionswert. Bei zollrechtlich relevanten Sachverhalten ist eine der zentralen Fragestellungen die Interaktion zwischen dem (ertragsteuerlich bedeutsamen) Verrechnungspreis und dem (zollwertrechtlich entscheidenden) Transaktionswert.[5] Zollabgaben werden in der EU weitgehend nach dem Zollwert bemessen (ad valorem), der sich vorrangig aus dem Transaktionswert, d.h. dem zu zahlenden oder tatsächlich gezahlten Preis ergibt. Dieser findet jedoch keine Anwendung, wenn er aufgrund einer Verbundenheit der Vertragspartner beeinflusst ist. Im Zusammenhang mit der Verrechnungspreispraxis ist zu berücksichtigen, dass Steuerverwaltung und Zollverwaltung divergierende Interessen verfolgen. Aus steuerrechtlicher Sicht ist den einzelnen (Mitglied-)Staaten regelmäßig an einem niedrigen Transaktionswert gelegen, da möglichst hohe Erträge im Inland verbleiben sollen, wohingegen den Zollverwaltungen unter fiskalischen Gesichtspunkten an einem hohem Transaktionswert bei Eingang in das jeweilige Zollgebiet gelegen ist. Sowohl nach Verwaltungsauffassung als auch nach der Rechtsprechung besteht zwischen Zollwert und Verrechnungspreis zunächst kein regelungssystematischer Zusammenhang, sodass beide Werte prinzipiell unterschiedlich ermittelt werden können.[6] Auch nach Auffassung des EuGH besteht für die EU-Mitgliedstaaten keine Verpflichtung, den Zollwert für andere Zwecke als die Anwendung des gemeinsamen Zolltarifs anzuerkennen.[7] Für den Steuerpflichtigen ist die fehlende Abstimmung zwischen Zollwert und Verrechnungspreis in der Praxis mit Risiken verbunden. In manchen Staaten kann es bspw. sinnvoll sein, aus (ertragsteuerlicher) Verrechnungspreissicht eine Einkünftekorrektur durch einen zu niedrigen Verrechnungspreis gleichsam "über sich ergehen zu lassen", allerdings – zur Vermeidung drastischer Zollstrafen – stets einen angemessenen Zollwert zu deklarieren.[8] Aufgrund der Nichtanwendbarkeit des Transaktionswerts im Falle einer Preisbeeinflussung durch eine Verbundenheit und der jüngeren Rechtsprechung des EuGH[9] zur zollwertrechtlichen Relevanz von Verrechnungspreisanpassungen hat sich die Situation für Unternehmen in den letzten Jahren verschärft.

 

Rz. 39.3

[Autor/Stand] Fehlende Abstimmung zwischen Verrechnungspreis und Zollwert. Die fehlende Abstimmung zwischen Verrechnungspreisen und Zollwerten in der Praxis haben mittlerweile sowohl die Weltzollorganisation (WCO) wie auch die Internationale Handelskammer (ICC) zur Kenntnis genommen und für gegenseitiges Verständnis geworben.[11] In regelmäßigen Abständen, zuletzt im Juni 2018, gibt die WCO einen Leitfaden "Zollwert und Verrechnungspreise"[12] heraus. Dieser Leitfaden ist nicht rechtsverbindlich, kann aber als Auslegungshilfe für die zoll- und steuerrechtliche Preisfindung verwendet werden. In der aktuellen Version des Leitfadens (2018) hat die WCO alle Zollbehörden aufgefordert, die Lösungen der ICC anzuwenden, um die Zollbeziehungen zu erleichtern und den internationalen Handel zu beschleunigen. Die Zollwertermittlung stellt ein besonderes Spannungsfeld dar, in dem die Zoll- und Finanzbehörden teils unterschiedliche Interessen verfolgen. De...

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