1. die im Verhältnis zwischen der Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen eine Änderung der Zuordnung nach den §§ 5 bis 11 erforderlich machen oder ...

 

Rz. 3322

[Autor/Stand] Definition nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 BsGaV. § 16 Abs. 1 Nr. 1 BsGaV enthält den ersten Typus der anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und betrifft insbesondere Vorgänge der Überführung von Vermögenswerten (fiktiver Verkauf) zwischen verschiedenen Betriebsstätten.[2] Dabei reicht es nicht aus, dass der jeweilige wirtschaftliche Vorgang lediglich Einfluss auf die Zuordnung der in §§ 511 BsGaV geregelten einzelnen Wirtschaftsgüter, Vermögenswerte, Chancen und Risiken usw. hat. Vielmehr setzt das Vorliegen einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 BsGaV voraus, dass aufgrund des wirtschaftlichen Vorgangs tatsächlich eine Zuordnungsänderung dieser Wirtschaftsgüter Vermögenswerte, Chancen und Risiken usw. erforderlich ist. Damit muss also ein Mindestmaß an ökonomischer Relevanz überschritten werden, bevor eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 BsGaV fingiert werden kann (Anm. 2750). Dies korrespondiert insofern mit der von der OECD geforderten "ökonomischen Signifikanz" eines "Dealings" (zum grundsätzlichen Zusammenhang der Definition nach der BsGaV mit der OECD-Definition des "Dealings" vgl. Anm. 2761). Wie die OECD bleibt aber auch die BsGaV eine konkrete Definition dieser Maßgeblichkeitsschwelle schuldig.[3]

§ 16 Abs. 1 Nr. 1 BsGaV fordert eine "Änderung" der Zuordnung. Dies setzt voraus, dass die Zuordnung der Wirtschaftsgüter, Vermögenswerte, Chancen und Risiken usw. jeweils vorher und nachher bestimmt wird. Da dies für jeden einzelnen "wirtschaftlichen Vorgang" ermittelt werden muss, ist grundsätzlich eine fortlaufende Feststellung der Zuordnung von Wirtschaftsgütern, Vermögenswerten, Chancen und Risiken usw. erforderlich. Diese erfolgt im Rahmen der sog. Hilfs- und Nebenrechnung i.S.d. § 3 BsGaV für die einzelnen Betriebsstätten (Anm. 2981 ff.).

Eine Zuordnungsänderung eines Zuordnungsgegenstands ist dann vorzunehmen, wenn die für einen Zuordnungsgegenstand maßgebliche Personalfunktion aufgrund eines Geschäftsvorfalls von einer anderen Betriebsstätte ausgeübt wird als zuvor. Dies kann sowohl darauf beruhen, dass die bisher maßgebliche Personalfunktion (z.B. Nutzung eines materiellen Wirtschaftsguts) nun von einer anderen Betriebsstätte ausgeübt wird, als auch darauf, dass nun eine andere Personalfunktion als bisher als maßgeblich für die Zuordnung des Zuordnungsgegenstands angesehen wird und diese Personalfunktion von einer anderen Betriebsstätte ausgeübt wird (Anm. 2948).

 

Rz. 3323

[Autor/Stand] Zuordnungsänderung als zweifacher fiktiver Veräußerungsvorgang? Ausweislich Tz. 2.16.1.1 VWG BsGa geht die Finanzverwaltung davon aus, dass eine Zuordnungsänderung zu einem doppelten fiktiven Veräußerungsvorgang führt: Zunächst sei eine Veräußerung durch die bisherige Zuordnungsbetriebsstätte an das übrige Unternehmen zu fingieren und in derselben logischen Sekunde eine fiktive Veräußerung desselben Zuordnungsgegenstands zum gleichen Preis an die neue Zuordnungsbetriebsstätte.[5] Eine unmittelbare Gewinnabgrenzung zwischen den beiden Betriebsstätten komme dagegen "grundsätzlich nicht in Betracht"[6]. Eine Behandlung dieser fiktiven Veräußerung als unmittelbare Vorgänge zwischen den beteiligten Betriebsstätten – "ohne Beteiligung des betreffenden Unternehmens" – sei lediglich dann nicht zu beanstanden, wenn dies zu keinen steuerlichen Folgen führe.[7] Ob diese Rechtauffassung von der Rechtsgrundlage gedeckt ist, ist zweifelhaft. Insbesondere übersieht die Finanzverwaltung hier, dass Geschäftsvorfälle zwischen einer Betriebsstätte und dem "Unternehmen" ohne Berührung einer weiteren Betriebsstätte nicht möglich sind, weil sich das Unternehmen aus der Summe seiner Betriebsstätten zusammensetzt (Anm. 2846). Die Auffassung widerspricht auch § 1 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 (Anm. 2881 f.) und dem Gesetzeszweck, wonach Betriebsstätten wie rechtlich selbständige Unternehmen behandelt werden sollen.[8]

Zwar ist der Finanzverwaltung hier zuzugestehen, dass die Regelungsstruktur von DBA jeweils bilateral angelegt ist, daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass bei rein ausländischen Vorgängen stets eine Inlandsberührung zu fingieren ist. Die Finanzverwaltung scheint hier den Grundgedanken einer Einkünftekorrektur im Dreiecksverhältnis nach dem Rechtsinstitut der vGA/vE zugrunde zu legen, die in bestimmten Fällen bei Geschäftsbeziehungen zwischen rechtlich selbständigen Tochterkapitalgesellschaften einer deutschen Muttergesellschaft vorzunehmen ist. Dies übersieht allerdings, dass im Anwendungsbereich des § 1 eine solche Dreieckskorrektur nicht vorgesehen ist.

Denkt man die Rechtauffassung der Finanzverwaltung zu Ende, könnte jede Abweichung vom Fremdvergleichsgrundsatz bei Geschäftsvorfällen zwischen ausländischen Betriebsstätten desselben Unternehmens stets eine...

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