Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.1995; Aktenzeichen I R 153/94)

 

Tenor

I. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1991 vom 25. September 1992 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. März 1993 wird der Beklagte angewiesen, bei der Versteuerung mit Progressionsvorbehalt gem. § 32 b Abs. 1 Nr. 1 a i.V.m. Abs. 2 EStG das Arbeitslosengeld nur in Höhe von 12.632,40 DM zu berücksichtigen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 300,– DM abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die Rückzahlung von Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld) gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 a des EinkommensteuergesetzesEStG – im Veranlagungszeitraum der Rückzahlung (1992) oder im Veranlagungszeitraum der Zahlung des zuviel geleisteten Arbeitslosengeldes (Streitjahr 1991) steuerlich zu berücksichtigen ist.

Der mit seiner Ehefrau zusammenveranlagte Kläger erzielte 1991 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von … DM. In der Zeit vom 1. April 1991 bis 18. Dezember 1991 erhielt er 23.490,– DM Arbeitslosengeld. Daneben flössen dem Kläger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als beratender Betriebswirt und aus gewerblicher Tätigkeit zu. Seine Ehefrau bezog als Angestellte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Am 20. August 1991 teilte der Kläger angesichts seiner dauernden Arbeitslosigkeit dem Arbeitsvermittler des Arbeitsamtes … mit, er strebe eine selbständige Tätigkeit an. Am 31. Oktober 1991 schrieb er dem Arbeitsamt …, daß die Stadtverwaltung … seine – des Klägers – Gewerbeanmeldung bestätigt habe. Am 20. Dezember 1991 setzte der Kläger sodann das Arbeitsamt in Kenntnis, aufgrund seiner freiberuflichen Tätigkeit habe sich seit Ende Oktober 1991 der Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit verlagert; vorher habe er noch versucht, eine Anstellung als Arbeitnehmer zu finden (vgl. Schreiben des Klägers an das Arbeitsamt Ludwigshafen, Bl. 4 bis 6 FG-Akten). Diese Feststellungen veranlaßten das Arbeitsamt … mit Bescheid vom 8. Januar 1992 den Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Rückwirkung ab 20. August 1991 aufzuheben (Bl. 31, 32 FG-Akte). Außerdem bewilligte es mit weiterem Bescheid vom 6. Januar 1992 ein Überbrückungsgeld sowie eine Leistung für Krankenversicherung und Altersversorgung in Höhe von insgesamt 3.000,– DM. Zudem stellte es fest, daß das dem Kläger rechtmäßig zustehende Arbeitslosengeld im Jahre 1991 lediglich 12.632,40 DM betragen habe. Den zu Unrecht gezahlten Betrag (10.857,60 DM) forderte das Arbeitsamt mit Bescheid vom 15. Juli 1992 (Bl. 30 FG-Akte) zurück. Der Kläger zahlte diesen Betrag im Laufe des Jahres 1992 an das Arbeitsamt …

In der Einkommensteuererklärung 1991 erklärte der Kläger Lohnersatzleistungen in Höhe von 15.632,– DM (12.632,40 DM + 3.000,– DM = 15.632,– DM). Demgegenüber setzte das Finanzamt das gesamte im Jahre 1991 gezahlte Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung zur Bestimmung des Steuersatzes an. Den Einspruch wies es am 29. März 1993 zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger trägt vor, daß nur das ihm für das Streitjahr 1991 rechtmäßig zustehende Arbeitslosengeld in Höhe von 15.632,– DM bei der Berechnung des Progressionsvorbehaltes berücksichtigt werden dürfe. Nur in dieser Höhe sei er in seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit gestärkt worden. Daß der Rückforderungsbescheid erst im Jahre 1992 ergangen sei, dürfe ihm nicht angelastet werden, da der verspätete Erlaß des Bescheides auf der langsamen Sachbearbeitung durch das Arbeitsamt … beruht habe. Im übrigen habe der zuständige Sachbearbeiter des Arbeitsamtes bereits Ende 1991 mündlich erklärt, er – der Kläger – müsse ca. 10.000,– DM zurückzahlen. Zur Veranschaulichung des Sachverhaltes weise er auf seine Schreiben an das Arbeitsamt vom 31. Oktober 1991, 20. Dezember 1991 und 28. Juli 1992 hin (Bl. 4 bis 6 FG-Akte).

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1991 vom 25. September 1992 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. März 1993 bei der Versteuerung mit Progressionsvorbehalt gemäß § 32 b Abs. 1 Nr. 1 a i.V.m. Abs. 2 EStG das Arbeitslosengeld nur in Höhe von 12.632,40 DM zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in den Progressionsvorbehalt zeige die vom Gesetzgeber gewollte teilweise Gleichstellung von Lohn und Lohnersatzleistungen. Deshalb sei es gerechtfertigt, die in § 11 EStG bestimmten Grundsätze über den Zufluß von Einnahmen und Ausgaben auch auf Ersatzleistungen anzuwenden. Da die Rückzahlung des Arbeitslosengeldes in dem Jahre 1992 erfolgt sei, dürfe dieser Abfluß erst 1992 berücksichtigt werden. Wegen der eindeutigen g...

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