Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelsteuersatz für ein chemisch behandeltes Düngemittel

 

Leitsatz (amtlich)

Der Regelsteuersatz ist für ein Düngemittel tierischer Herkunft anzuwenden, welches als nach enzymatischer Hydrolyse als chemisch behandelt i.S.d. Nr. 45 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG anzusehen ist.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nrn. 1-2; Nr. 45 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG

 

Tatbestand

Strittig ist, ob ein Eiweißhydrolysat, das als Nebenprodukt bei der Gelatineherstellung anfällt und als Düngemittel vertrieben wird, dem ermäßigten oder dem Regelsteuersatz unterfällt.

Der Kläger ist als Organträger u.a. der Firma X GmbH unternehmerisch tätig. Der Kläger ist Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH, die im Jahr 2004 den Firmensitz von D nach E an den Wohnsitz des Klägers verlegt hatte und ihre Umsätze seit dem 1. Januar 2005 in der umsatzsteuerlichen Organschaft versteuert.

Die GmbH bezieht von der Firma Y AG das bei der Gelatineherstellung anfallende Eiweißhydrolysat mit der Handelsbezeichnung "Y1". Die GmbH füllt das in Tankwagen angelieferte Produkt in Tanks um und danach unverändert in verschieden große Verkaufsgebinde ab. Das Produkt wird von der GmbH als flüssiges Düngemittel unter dem Namen "Z…" -bzw. in 10l-Kanistern als "Bio-Z…"- vertrieben.

Nach Auskunft des Herstellers wird das Rohhydrolysat durch enzymatische Hydrolyse von kollagenen Geweben, die sich auf der Oberfläche der zur Herstellung von Gelatineschrot verarbeiteten Rohknochen befinden, gewonnen. Diese Gewebe werden im Produktionsprozess der Knochenentfettung … vom Knochen gelöst und mechanisch … von diesem getrennt. Diese abgetrennten Gewebe werden in einem enzymatischen Prozess hydrolysiert. Das Rohhydrolysat wird … aufkonzentriert. Das Konzentrat wird … sterilisiert. In dem Knochenentfettungsprozess wird Ameisensäure verwendet, um den pH-Wert in den entstehenden Protein-/Fettemulsionen so weit zu reduzieren, dass die Fettphase in Zentrifugen sauber abgetrennt werden kann. Die Ameisensäure wird weder chemisch umgesetzt, noch hat sie einen Einfluss oder eine Einwirkung auf die Proteine, die als Rohstoff für Z verwendet werden. Die enzymatische Behandlung erfolgt lediglich zur Reduktion der Viskosität der konzentrierten Lösung. Enzyme werden im Herstellungsverfahren nicht als Aufschlusschemikalien eingesetzt, sondern als Prozesshilfsstoffe, die bis auf technisch unvermeidbare, gesundheitlich unbedenkliche Rückstände im Endprodukt nicht mehr enthalten sind und dort auch keine Wirkung mehr entfalten.

In der von der GmbH bei der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt der Oberfinanzdirektion eingeholten unverbindlichen Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke vom 2. Oktober 2001 ist das Produkt Z... in Handelseinheiten von 10 kg oder weniger als organische Stickstoff Dünger-Lösung mit dem Regelsteuersatz in die Codenummer 3105 1000 00 0 eingereiht. In der weiteren unverbindlichen Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt der Oberfinanzdirektion vom 2. Oktober 2001 ist das Produkt Z... in Handelseinheiten von mehr als 10 kg als organische Stickstoff Dünger-Lösung mit dem ermäßigten Steuersatz in die Codenummer 3101 0000 00 9 eingereiht. Nach der Warenbeschreibung der Zolltarifauskünfte, welche sich auf die vorliegenden Angaben der GmbH stützt, sei das Produkt der Verwendung und der beschriebenen Gewinnung nach als durch chemische Behandlung von tierischen Erzeugnissen gewonnenes Düngemittel anzusehen.

Die GmbH versteuerte das Produkt, soweit dieses in Gebinden bis zu 10 kg Gewicht veräußert wurde, mit dem Regelsteuersatz. Die größeren Gebinde versteuerte die GmbH mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Soweit das von der Y AG gelieferte Produkt Eingang in andere Produkte der GmbH fand, wurden diese ebenfalls mit dem Regelsteuersatz versteuert. Die steuerliche Handhabung durch die GmbH wurde bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Prüfungszeitraum 2002 (Bericht vom 27. Mai 2003) und der Betriebsprüfung für die Jahre 2004-2006 (Bericht vom 6. August 2008) nicht beanstandet.

Im Sommer 2012 führte der Beklagte eine weitere Betriebsprüfung beim Kläger durch. Dabei stellte der Betriebsprüfer fest, dass die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Köln mit mehreren Schreiben vom 12. Januar 2009, welche an das ehemalige Postfach der GmbH in D. gerichtet waren, der GmbH mitgeteilt hatte, dass die erteilten unverbindlichen Zolltarifauskünfte für die streitgegenständlichen Produkte aufgrund der Streichung der Codenummer 3101 0000 00 9 nicht mehr gültig seien. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass der Wegfall der Codenummer dazu führen könne, dass anstelle des bisher anwendbaren ermäßigten Steuersatzes nunmehr der Regelsteuersatz anzuwenden sei und der GmbH anheimgestellt werde, einen neuen Antrag auf Erteilung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft zu stellen. Der Kläger gab hierzu an, die Schreiben vom 12. Januar 2009 nicht erhalten zu ...

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